Das verrät die Klagequote der Berufs­unfähigkeits­versicherung

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Das Wichtigste in Kürze

  • Mithilfe der Klagequote oder auch Prozessquote sollen Interessierte abzuschätzen können, ob der Versicherer im Ernstfall zuverlässig leistet.
  • Die Prozess­quote gibt an, über wie viele Leistungs­­fälle eines Versicherers ein Gerichts­verfahren geführt wurde.
  • Allerdings gibt es mehrere Gründe, warum die Klagequote nur begrenzt aussagekräftig ist.

Das erwartet Sie hier

Wie die Klage- beziehungsweise Prozessquoten verschiedener Versicherer aussehen und ob Sie diese in Ihre Entscheidung für einen Anbieter einbeziehen sollten.

Inhalt dieser Seite
  1. Wie oft muss geklagt werden?
  2. Quoten der Versicherer im Vergleich
  3. Ist die Klagequote ein sinnvolles Auswahlkriterium?

Prozess­quote: Wie oft muss die Berufs­unfähigkeitsrente eingeklagt werden?

„Die Versicherung zahlt ja doch nicht, wenn ich sie brauche!“ – stimmt das?

Versicherer und Versicherungsvertreter genießen in Deutschland nur ein geringes Ansehen (Quelle: forsa/dbb, S. 13). Viele Deutsche, haben ein großes Misstrauen gegenüber Versicherern und glauben, dass diese im Ernstfall nicht leisten und sich mithilfe von Klauseln und Regelungen vor der Zahlung der vereinbarten Berufs­unfähigkeitsrente drücken werden. Ein Blick auf die Zahlen hilft, diese Vorurteile realistisch einzuordnen.


So viele BU-Anträge werden tatsächlich abgelehnt

Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) weist darauf hin, dass 80 Prozent der Anträge auf eine Berufs­unfähigkeits­versicherung bewilligt werden (Quelle: GDV). Selbst BU-Anträgen von Personen mit Vor­erkrankungen werden zu rund 80 Prozent ohne Einschränkung angenommen (Quelle: Morgen & Morgen). Zum Vergleich: Bei der staatlichen Erwerbsminderungs­rente wurden 2022 nur rund 51 Prozent der Anträge anerkannt (Quelle: Deutsche Renten­versicherung). Laut GDV werden also 20 Prozent der Anträge abgelehnt. In der folgenden Tabelle sehen Sie die Gründe für eine Ablehnung eines BU-Antrags:

Icon Vertrag
Ablehnungsgründe in der LeistungsprüfungAnteil
Nichterreichung des versicherten BU-Grades49 %
Sonstige Gründe15 %
Keine Reaktion des Kunden14 %
Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht11 %
Anfechtung bzw. Betrugsfall7 %
Ausschlussklauseln3 %
Konkrete Verweisung0,5 %
Abstrakte Verweisung0,3 %
Quelle: GDV

Vor Gericht landen, laut GDV, nur wenige Fälle. 2021 kam es bei 2,2 Prozent der Berufs­unfähigkeits­versicherungen zum Rechtsstreit (Quelle: GDV).

Was ist die Klagequote?

Die Klagequote, auch Prozessquote genannt, ist eine Kennzahl, die dabei helfen soll, zu beurteilen, wie zuverlässig ein Versicherer wirklich zahlt. Sie bildet ab, über wie viele Leistungs­fälle Gerichtsverfahren geführt werden. Eine Quote von 2 Prozent bedeutet beispielsweise, dass in 2 von 100 Fällen ein Prozess geführt wurde.

Allerdings gibt es gute Gründe, wieso Sie vorsichtig dabei sein sollten, sich bei der Wahl eines Versicherers an der Prozessquote zu orientieren. Lesen Sie mehr dazu im Abschnitt „Wie sinnvoll ist die Klage­quote als Auswahl­kriterium?“.

Icon Richterhammer und Gesetz

So gehen Rechtsstreits mit dem Versicherer aus

Mehrere Analysehäuser werten regelmäßig aus, wie Prozesse um Berufs­unfähigkeits­versicherungen ausgehen. Am häufigsten kommt es zum Vergleich mit dem Versicherer. Dass der Versicherungsnehmer gewinnt, ist der seltenste Ausgang (Quelle: Morgen & Morgen; Franke und Bornberg; GDV):

Vergleich64 %
Versicherer gewinnt22 %
Versicherer verliert9,5 %
Rücknahme der Klage4,5 %

Berufs­unfähigkeits­versicherung – Beispiele für Gerichtsverfahren

Wann ist ein Tennislehrer berufsunfähig?

Das Gericht bestätigte einem selbständigen Tennislehrer, dass er wirklich berufsunfähig ist. Er hat eine chronisch entzündliche, fortschreitende Erkrankung des rechten Handgelenks und ist aufgrund der Schmerzen nicht mehr zu einem einzigen längeren Ballwechsel imstande. So kann er Schülern das Tennisspielen auch nicht mehr beibringen. Laut Gericht ändert hieran auch nichts, dass der Tennislehrer einmalig kurzfristig für eine Woche in einem Tenniscamp in Spanien mitgeholfen hat. Auch das Unterrichten von Kindern zwischen vier und sieben Jahren, für zwei Stunden an einem Tag in der Woche stellt seine Berufs­unfähigkeit nicht infrage (Quelle: Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12.02.2020, 5 U 42/19).

Icon Liste

Arzt ist Arzt – korrekte Angaben bei den Gesundheitsfragen

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass ein Versicherungsnehmer die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat. Er hatte die Frage der Berufs­unfähigkeitszusatz­versicherung nach Untersuchungen, Beratungen oder Behandlungen der Psyche (zum Beispiel Depressionen, Angststörungen, Psychosen, psychosomatische Störungen) mit „nein“ beantwortet, da nur der Hausarzt von einer Erkrankung ausging und die entsprechende Diagnose nicht von einem Psychiater gestellt wurde. Er hätte sie jedoch, laut Gericht, mit „ja“ beantworten müssen, da es in diesem Fall unerheblich ist, wer die Diagnose gestellt hat. Der Versicherte musste in diesem Fall die Kosten des Rechtsstreits tragen (Quelle: Landgericht Berlin, Urteil vom 15.01.2020, 7 O 35/19).

Klagequoten: Berufs­unfähigkeits­versicherer im Vergleich

Prozessquoten von 2023

Die Rating-Agentur Morgen & Morgen wertet regelmäßig Prozessquoten mehrerer großer Berufs­unfähigkeits­versicherer aus und berücksichtigte dabei nur Prozesse, die:

  • Aufgrund von abgelehnten Leistungen vom Versicherungsnehmer angestoßen wurden
  • Bei denen der Versicherungsnehmer keinen Erfolg hatte.
VersichererKlagequote
Concordia Oeco0,00 %
DEVK Eisenbahn a.G0,00 %
Helvetia0,00 %
Inter0,00 %
Münchener Verein0,00 %
Öfftl. Braunschweig0,00 %
Provinzial0,38 %
HDI0,41 %
Debeka0,54 %
DEVK0,55 %
Sparkassen Versicherung0,70 %
Barmenia0,72 %
R+V0,82 %
Swiss Life0,95 %
Alte Leipziger1,01 %
Nürnberger1,04 %
Continentale1,06 %
Baloise (ehemals Basler)1,07 %
Generali1,07 %
VGH Versicherungen1,18 %
die Bayerische1,24 %
AXA1,27 %
DBV1,27 %
ERGO Vorsorge1,42 %
Deutsche Ärzte­versicherung1,45 %
LVM1,69 %
VPV Lebens­versicherung AG1,85 %
Gothaer1,86 %
Allianz1,93 %
Condor2,08 %
Standard Life2,27 %
Zurich2,48 %
Mecklenburgische2,50 %
Bayern Versicherung2,70 %
Dialog2,75 %
Hannoversche Leben2,87 %
LV18713,68 %
Volkswohl Bund3,82 %
Stuttgarter3,90 %
Württembergische4,96 %
HanseMerkur7,56 %
CosmosDirekt8,28 %
AachenMünchenerk. A.
Canada Lifek. A.
Community Lifek. A.
Familienfürsorgek. A.
InterRiskk. A.
Itzehoerk. A.
myLifek. A.
Nürnberger Beamtenk. A.
Öfftl. Berlink. A.
Provinzial Nordwestk. A.
Signal Idunak. A.
Süddeutschek. A.
uniVersak. A.
WWKk. A.
Quelle: Morgen & Morgen über onverso.de

Auch interessant: Die Leistungsquote von Berufs­unfähigkeits­versicherern

Neben der Prozessquote der Versicherer können Sie auch deren Leistungsquote vergleichen – auf unserer Seite zum Thema finden Sie die Leistungsquoten verschiedener Versicherer sowie eine Erläuterung zu deren Aussagekraft.

Zur Leistungsquote von BU-Versicherern

Wie sinnvoll ist die Klage­quote als Auswahl­kriterium?

Das sollten Sie bei der Prozessquote beachten

Lehnt der Versicherer Ihren Antrag auf BU-Rente ab, dann trifft Sie das meist in einer stressigen Situation: Sie können nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen und verlieren daher Einkommen. Viele sind dann auch gesundheitlich kaum in der Lage, einen langwierigen Prozess gegen den BU-Versicherer durchzuhalten. Eine hohe Klagequote spricht deshalb tendenziell gegen einen Versicherer. Trotzdem sollte für Sie die Klagequote nicht das einzige Entscheidungskriterium bei der Wahl eines Anbieters sein. Dies sind einige Gründe, die die Aussagekraft von Klagequoten relativieren:

  • Ein Versicherer kann auch mit tatsächlich unberechtigten Ansprüchen konfrontiert sein, und hat dann die Pflicht, die gesamte Versicherungs­­gemeinschaft vor Betrug zu schützen. Sonst würden die Versicherungs­beiträge für alle steigen.
  • Bei der Prozessquote handelt es sich um eine Momentaufnahme. Sie sagt wenig über das Klageverhalten des Versicherungs­unternehmens in den kommenden Jahren und Jahrzehnten aus.
  • Zudem hängt die Klagequote auch davon ab, wie neu ein Versicherer am Markt ist. Ein Versicherer mit Tradition hat in der Regel einen größeren Kundenstamm als ein neuer Versicherer. Dementsprechend möchten auch mehr Menschen Leistungen in Anspruch nehmen, mehr werden im Verhältnis abgelehnt und klagen.
  • Ein weiterer wichtiger Faktor ist, wie die Versicherungs­­bedingungen ausgestaltet sind. Wenn diese ungünstig für die Versicherten sind, dann werden diese aufgrund schlechter Erfolgsaussichten auch weniger oft klagen.
  • An der Prozessquote lässt sich nicht unbedingt die Leistungsbereitschaft des Versicherers ablesen. Denn es macht einen Unterschied, ob der Versicherer überhaupt nicht leisten wollte oder schon teilweise geleistet hat. Beispielsweise kann eine BU zeitlich befristet gewährleistet und der Prozess erst im Anschluss geführt worden sein.
  • Nicht jede Gesellschaft veröffentlicht Zahlen: Vergleiche von Prozessquoten wie der map-Report von Franke und Bornberg basieren auf Daten, die von den Gesellschaften auf freiwilliger Basis veröffentlicht werden. Nicht jeder Versicherer stellt Zahlen zur Verfügung. Die Bekanntgabe solcher Daten spricht für den Versicherer, der zumindest für eine erhöhte Transparenz bei der Auswahl der passenden Berufs­unfähigkeits­versicherung sorgt.
  • Zudem nutzt eine niedrige Prozessquote nichts, wenn Sie nicht auf andere Kriterien achten. Die Klagequote sollte darum auf keinen Fall das einzige Kriterium sein, nach dem Sie eine Versicherung auswählen.

So finden Sie die passende Berufs­unfähigkeits­versicherung

Eine Berufs­­unfähig­keits­versiche­rung ist eine sehr individuelle Angelegenheit, da Anforderungen und Kosten vor allem von der eigenen persönlichen Situation abhängen. Sie sollten sich daher nicht nur aufgrund der Prozessquote für einen Berufs­unfähigkeits­versicherer entscheiden. Beziehen Sie am besten die folgenden Informationen mit ein, um den für Sie passenden Tarif und Anbieter zu finden:

Icon Personalbeschaffung

Eigene Bedürfnisse und Möglichkeiten kennen

Das Wichtigste bevor Sie eine BU abschließen ist, dass Sie Ihre Bedürfnisse und finanziellen Möglichkeiten kennen. Wie hoch müsste zum Beispiel Ihre BU-Rente sein, damit Sie davon gut leben können? Wie viel Geld können Sie über einen längeren Zeitraum monatlich in eine Berufs­unfähigkeits­versicherung einzahlen? Werden sich Ihre Lebensumstände in absehbarer Zeit ändern? Haben Sie Vor­erkrankungen, die bei Vertragsabschluss angeben müssten?

An Testergebnissen orientieren

Beziehen Sie aktuelle Testergebnisse zu Berufs­unfähigkeits­versicherungen mit ein. Nicht nur werden regelmäßig BU-Angebote für bestimmte Berufsgruppen getestet, sondern auch zum Beispiel Tarife anhand der Versicherungs­bedingungen und des zu stellenden Antrags beurteilt. Lassen Sie sich nicht verunsichern: Es gibt mehrere Beispiele für Versicherer, die für besonders leistungsstarke Tarife bekannt sind und in unabhängigen Tests gut abschneiden, die aber gleichzeitig hohe Klagequote haben oder vorübergehend hatten.

Icon Schutzschild

Leistungsquote einbeziehen

Neben der BU-Prozessquote gibt es auch eine Leistungsquote der Berufs­unfähigkeits­versicherung. Sie hilft bei der Einschätzung, in wie vielen Fällen ein Versicherer tatsächlich eine Berufs­unfähigkeitsrente auszahlt. Wie bei der Prozessquote auch sollte die Leistungsquote nicht das einzige Kriterium für die Anbieterwahl sein. Wichtig sind ebenso die Versicherungs­bedingungen und dass der Tarif zu Ihnen passt.

Icon Glühbirne

Vertragsbedingungen verstehen

Es ist wichtig, dass Sie verstehen, wann die Berufs­unfähigkeits­versicherung in welchem Umfang leistet. Sonst kann es sein, dass Sie die BU mit falschen Erwartungen abschließen. Wir empfehlen Ihnen unbedingt, die Vertragsbedingungen gründlich zu lesen. Grundsätzlich sollten alle Regelungen und Klauseln sowie Definitionen im Versicherungsvertrag eindeutig und verständlich formuliert sein. Vage Formulierungen können sich sonst im Nachhinein negativ für Sie auswirken. Auf unseren Seiten können Sie sich auch in Ruhe über die Berufs­unfähigkeits­versicherung, Vor- und Nachteile, Klauseln und Regelungen oder auch über Alternativen zur BU informieren.

Icon Sprechblasen

Beratungsangebote nutzen

Bei einer Berufs­unfähigkeits­versicherung gibt es einiges zu beachten. Beispielsweise sollte der Vertrag möglichst keine abstrakte Verweisung, Leistungsausschlüsse oder Risikozuschläge enthalten. Als Laie kann man da schon mal schnell den Überblick verlieren. Setzen Sie daher auf Sicherheit, lassen Sie sich beraten und klären Sie Ihre Fragen mit einem unserer BU-Experten.

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Katharina Burnus
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