Berufsunfähigkeitsversicherung – Diagnose und Definition
- Die Definition der Berufsunfähigkeit basiert auf dem Versicherungsvertragsgesetz. Demnach beeinträchtigt eine Berufsunfähigkeit die Ausübung des bisherigen Berufs langfristig.
- Als Voraussetzung für die Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung muss eine Berufsunfähigkeit für mind. 6 Monaten vorliegen.
- Die Diagnose stellt den Grad der Berufsunfähigkeit fest. Ein Versicherungsfall liegt typischerweise bei einem Grad von mindestens 50 Prozent vor.
Definition Berufsunfähigkeit
Berufsunfähigkeit ist als versicherungsrechtlicher Begriff zu verstehen. Die juristische Grundlage ist das Versicherungsvertragsgesetz (kurz VVG). Eine genaue Definition findet sich im §172 VVG.
Demnach ist derjenige als berufsunfähig einzustufen, der den zuletzt ausgeübten Beruf aus bestimmten Gründen nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausüben kann.
Als mögliche Gründe nennt dieser Paragraph Krankheit, Körperverletzung oder auch Kräfteverfall, sofern dieser über das übliche altersbedingte Maß hinausgeht. Berufsunfähigkeit liegt nur dann vor, wenn die Einschränkung über einen längeren Zeitraum andauert. Versicherungsnehmer einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) müssen als Voraussetzung mindestens 6 Monate lang außerstande sein, regulär ihrer Arbeit nachzukommen. Berufsunfähigkeitsversicherer erhalten ein ärztliches Gutachten bzw. einen Beleg als Bestätigung.
… mehr zur Berufsunfähigkeitsversicherung
Abstrakte Verweisung des Versicherers
Versicherer können eine so genannte Klausel zur abstrakten Verweisung in den Versicherungsvertrag integrieren. Über die Definition der Berufsunfähigkeit hinaus sind Versicherungsunternehmen berechtigt, weitere Vereinbarungen zu treffen. Zu den Einschränkungen der Versicherer gehört die Festlegung, dass versicherte Personen als Voraussetzung zum Bezug der BU-Rente auch keine anderen Arbeiten verrichten können, die ihnen gemäß Qualifikation, Fähigkeiten sowie bisheriger Lebensstellung entspricht.
Die Basis solcher abstrakter Verweisungen ist die Definition der Berufsunfähigkeit gemäß der Versicherungsbedingungen. In der Praxis sehen die meisten Versicherer vom abstrakten Verweisungsrecht ab. Dies hat in erster Linie Wettbewerbsgründe. Im Falle der Berufsunfähigkeit, also im Leistungsfall, ist es relevant, dass der Verzicht auf die Verweisung auch in der Nachprüfung gilt. Nur dann haben Versicherte Gewissheit darüber, dass auch in der späteren Prüfungsphase eine abstrakte Verweisung durch den Versicherer ausgeschlossen ist.
Berufsunfähigkeit und ihre möglichen Gründe
Berufsunfähigkeit kann vielerlei Ursachen haben. Wie aus Studien hervorgeht, gehen 25 Prozent der deutschen Berufstätigen davon aus, vor Eintritt in das Rentenalter dem gegenwärtig ausgeübten Beruf nicht mehr nachgehen zu können. Hierbei führen die Befragten in erster Linie gesundheitliche Gründe an.
Im Jahr 2015 entfielen etwa 32 Prozent der Fälle von Berufsunfähigkeit auf neurologische Erkrankungen und psychische Erkrankungen, darunter Depression und Burnout. Etwa 21 Prozent der Fälle entfielen auf Erkrankungen des Muskel-Skelett-Apparats. In 15 Prozent der Fälle war eine Erkrankung an Krebs die Ursache. Herz-Kreislauf-Beschwerden sorgten in 8 Prozent der Fälle für Berufsunfähigkeit.
… mehr zu den Ursachen für BerufsunfähigkeitGrundsätzlich ist das Risiko der Berufsunfähigkeit in sämtlichen Berufsgruppen gegeben. Während früher insbesondere Beschäftigte in harten körperlichen Berufen als Risikogruppe galten, ist inzwischen bekannt, dass auch und insbesondere administrative und Bürotätigkeiten ein hohes Risiko beinhalten. Zu den gefährdeten Gruppen gehören demnach sowohl physisch anspruchsvoll Berufstätige wie Dachdecker oder Feuerwehrleute als auch geistig fordernde Berufe wie Lehrer.
… mehr zur BU für verschiedene BerufsgruppenDiagnose der Berufsunfähigkeit
Die Diagnose der Berufsunfähigkeit ist die wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung leistet. Damit die Versicherer die BU-Rente zahlen, ist mindestens ein BU-Grad von 50 Prozent festzustellen. Konkret gilt es, bei der Diagnose der Berufsunfähigkeit zu klären, inwiefern die Beeinträchtigung der Arbeitskraft Einfluss auf die Fähigkeit hat, den Beruf weiter auszuüben. Die Beeinträchtigung ist ärztlich oder durch einen Gutachter nachzuweisen.
Hierbei ist zu berücksichtigen, welche wesentlichen Tätigkeiten im ausgeübten Beruf von der gesundheitlichen Beeinträchtigung betroffen sind. Ebenso ist zu prüfen, welche weiteren Tätigkeiten Betroffene aufgrund ihrer Leiden nicht mehr ausführen können. Für eine korrekte Prüfung ist es wichtig, dass bekannt ist, welche beruflichen Belastungen Versicherte im Arbeitsalltag haben und mit welchen konkreten Anforderungen sie durch ihre Tätigkeit konfrontiert sind. Daher bedarf es einer genauen Beschreibung der ausgeführten Tätigkeiten. Anschließend gilt es, die vorliegenden und von einem Arzt bescheinigten gesundheitlichen Beschwerden im Zusammenhang mit den einzelnen beschriebenen Tätigkeiten zu beurteilen.
Der Versicherer legt im Zuge der Prüfung den Grad der Berufsunfähigkeit fest. Die Feststellung obliegt demnach nicht den behandelnden Ärzten. Diese bescheinigen lediglich die Art der gesundheitlichen Einschränkungen. Da sie Art und Ablauf der Arbeit der Versicherten nicht kennen, können sie die Auswirkungen der diagnostizierten Beschwerden auf den Berufsalltag nicht bewerten.
Ausgehend von den ärztlich bestätigten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie den beruflichen Anforderungen schätzen Versicherer den Berufsunfähigkeits-Grad ein. Hierbei setzen Versicherer Gutachter ein, die bei der Prüfung unterstützend tätig sind. Dies ist ein Grund dafür, dass Versicherte bereits bei der Antragstellung der BU eine Gesundheitsfragen beantworten müssen. Dies gehört zum Risiko-Management der Versicherer, mit dem sie einschätzen können, welches Risiko sie mit der Berufsunfähigkeitsversicherung der Antragsteller eingehen.
»Wurde bei Ihnen eine Berufsunfähigkeit festgestellt, sind Sie in der Regel zu einer Veränderungsmitteilung gegenüber Ihres Versicherers verpflichtet. Dies kann unter anderem eine Veränderung des Grades der Berufsunfähigkeit sein, eine eintretende Pflegebedürftigkeit oder die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit.«
Ähnliche Diagnosen und ihre Abgrenzung zur Berufsunfähigkeit
Im Zuge der Diagnoseverfahren zur Berufsunfähigkeit sind auch andere Diagnosen möglich. Die verschiedenen Optionen sind genau voneinander abzugrenzen. Ebenso ist es denkbar, dass statt der Berufsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeit diagnostiziert wird. Diese unterscheidet sich von der Berufsunfähigkeit durch den zeitlichen Aspekt: Sie gilt nur für einen begrenzten Zeitraum. Es ist also davon auszugehen, dass Berufstätige bald wieder arbeitsfähig werden. Bei einer solchen Arbeitsunfähigkeit leistet die sogenannte Arbeitsunfähigkeitsversicherung.
Eine ebenso von der Berufsunfähigkeit abzugrenzende Diagnose ist die Erwerbsunfähigkeit. Diese bescheinigt Versicherten, dass sie nicht mehr imstande sind, am Arbeitsleben teilzuhaben. Anders als bei der Berufsunfähigkeit sind hierbei auch keine anderen Tätigkeiten mehr vorstellbar. Diese Diagnose ist die Grundlage für die Beantragung der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente. Deren Höhe ist gestaffelt nach dem Umfang der Erwerbsunfähigkeit. In voller Höhe ist die Erwerbsminderungsrente zu zahlen, wenn Versicherte nur noch weniger als drei Stunden pro Tag einer Beschäftigung nachgehen können.
… mehr zur Erwerbsminderungsrente