Das Wichtigste in Kürze
Das erwartet Sie hier
Welche Modelle der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung es gibt und welche Vor- und Nachteile sie für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat.
Inhalt dieser SeiteSo funktioniert die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung
Direktversicherung über den Arbeitgeber
Neben der Möglichkeit, sich privat gegen Berufsunfähigkeit zu versichern, ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung auch als Direktversicherung über den Arbeitgeber möglich. Hier handelt der Arbeitgeber die Konditionen für die Versicherung aus und ist der Vertragspartner des Versicherers. Versichert sind jedoch die Angestellten. Eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung kann ein eigenständiger Vertrag (SBU) sein oder aber als Zusatzversicherung (BUZ) in die Altersvorsorge integriert werden.
Zusatzversicherung zur Altersvorsorge: Zwei Varianten
Enthält eine betriebliche Altersvorsorge eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) als Baustein, kann das zwei Dinge bedeuten:
- Beitragsbefreiung im Fall einer Berufsunfähigkeit
- Beitragsbefreiung und Auszahlung einer Berufsunfähigkeitsrente
Lohnt sich eine Berufsunfähigkeitsversicherung überhaupt?
Leider ist das Risiko, aus gesundheitlichen Gründen berufsunfähig zu werden, relativ hoch – etwa jede vierte Person ist im Laufe ihres Lebens betroffen – und oft erweist sich die Absicherung durch die Erwerbsminderungsrente als unzureichend. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung stellt eine gute Absicherung für diese Situation dar, da sie eine monatliche Rente zahlt, wenn man nicht länger im versicherten oder zuletzt ausgeübten Beruf arbeiten kann beziehungsweise zu mehr als 50 Prozent darin eingeschränkt ist.
Sofern es keine Leistungsausschlüsse gibt, versichert Sie die Berufsunfähigkeit unabhängig davon, welches gesundheitliche Problem die Ursache ist. Somit sind auch so wichtige Ursachen wie Rückenprobleme oder psychische Krankheiten versichert.
So kann ein Leistungsfall aussehen
Unsere Beispielperson hat über ihren Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge und eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Mit 52 Jahren wird sie berufsunfähig. Sie erhält eine Berufsunfähigkeitsrente von 1.200 Euro. Sobald sie das Rentenalter erreicht, geht diese in die Betriebsrente über. Da zu der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung auch eine Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit gehört, hat die Versicherung die Betriebsrente weiterfinanziert.
Optionen der Finanzierung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Berufsunfähigkeitsversicherung zu finanzieren:
- 100 Prozent des Beitrags werden vom Arbeitgeber gezahlt; dieser kann sie als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen
- Arbeitgeber und Mitarbeiter teilen sich die Kosten; Arbeitgeber können ihren Anteil als Betriebsausgabe absetzen und sparen Lohnnebenkosten
- Der Arbeitnehmer trägt über die Entgeltumwandlung die Kosten: Der Beitrag wird vom Bruttogehalt abgezogen und reduziert die Steuern und Sozialabgaben. Hinzu kommt ein Arbeitgeberzuschuss, da der Arbeitgeber die eingesparten Sozialabgaben an den Arbeitnehmer weitergeben muss
So funktioniert die Entgeltumwandlung
Variante Kollektivlösung
Es gibt auch die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber den vertraglichen Rahmen schafft und die Konditionen für die Mitarbeiter aushandelt, diese dann aber selbst Vertragspartner der Versicherung sind. Direkte finanzielle Vorteile gibt es in dieser Version weder für Arbeitnehmer noch Arbeitgeber. Auch wenn erstere davon profitieren können, dass die für die Gruppe ausgehandelten Konditionen besser sind als die, die sie bei einem individuellen Vertrag bekommen hätten. Bei den Recherchen für diesen Artikel ist uns diese Variante mehrfach begegnet, unsere Berater haben jedoch keine Erfahrung damit.
Warum bieten Arbeitgeber eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung an?
Für Arbeitgeber ist das Angebot einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung in erster Linie eine Möglichkeit, sich im Wettbewerb um kompetente Arbeitskräfte von der Konkurrenz abzuheben und Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Oft hält sich auch der Aufwand in Grenzen. Auch kleine Unternehmen können eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Es entstehen allerdings auch Haftungsrisiken.
Das bietet ein guter Vertrag
Eine gute Berufsunfähigkeitsversicherung sollte Versicherten folgendes bieten:
Vorteile der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung
Vereinfachte Gesundheitsfragen
Wer eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen will, muss einen umfangreichen Fragenkatalog zu seiner Gesundheit beantworten. Ob Vorerkrankungen oder andere Risikofaktoren vorliegen, entschiedet darüber, ob der Versicherer einen Risikozuschlag verlangt, bestimmte Ursachen der Berufsunfähigkeit vom Versicherungsschutz ausschließt oder den Antrag ablehnt. Im Vergleich dazu sind die Gesundheitsfragen bei der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung stark vereinfacht. Insbesondere bei großen Arbeitgebern genügt oft eine sogenannte Dienstobliegenheitserklärung.
Typische Fragen bei der Dienstobliegenheitserklärung
- Ist der zu versichernde Mitarbeiter aktuell arbeitsfähig und war in den letzten Jahren auch nicht lange arbeitsunfähig?
- Liegt ein Grad der Behinderung, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, ein Pflegegrad oder ähnliches vor?
- Bekommt der Mitarbeiter aktuell eine Erwerbsminderungs- oder Berufsunfähigkeitsrente oder läuft ein Antrag darauf?
Ein Vorteil für Menschen mit Vorerkrankungen
Wegen dieser vereinfachten Gesundheitsfragen stellt die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung für Personen, die sich privat nicht oder nur lückenhaft versichern können, eine Chance dar, doch noch Versicherungsschutz zu erhalten. Auch ist der Aufwand für die Beantwortung der Gesundheitsfragen geringer, da hier keine Recherchen nötig sind, um der vorvertraglichen Anzeigepflicht zu genügen.
Reduzierte Steuern und Sozialabgaben in der Ansparphase
Bei der Entgeltumwandlung werden die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung vom Bruttogehalt gezahlt – das bedeutet, dass man Steuern und Sozialversicherungsbeiträge spart. Beachten Sie jedoch, dass sich so auch Ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und damit Ihre Rente reduzieren. 2023 können Angestellte bei einer Direktversicherung monatlich bis zu 292 Euro sozialabgabenfrei und 584 Euro steuerfrei einzahlen.
So hoch ist der Arbeitgeberzuschuss
Bei der Entgeltumwandlung spart der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge, muss diese jedoch in Form des Arbeitgeberzuschusses an die Angestellten weitergeben. Der Arbeitgeberzuschuss beträgt mindestens 15 Prozent des umgewandelten Beitrags. Arbeitgeber können freiwillig einen größeren Anteil übernehmen. Durch die Kombination aus Arbeitgeberzuschuss und reduzierten Steuern und Sozialabgaben zahlt man für eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung weniger als für eine private Berufsunfähigkeitsversicherung mit vergleichbaren Konditionen. Oft kommt noch hinzu, dass Gruppentarife besonders günstig sind.
Achtung: Besonderheiten bei Krankengeld und Elternzeit
Die Beteiligung des Arbeitgebers an den Beiträgen zur Berufsunfähigkeitsversicherung ist in der Regel an das Gehalt gebunden. Das heißt, dass Angestellte ihre Versicherungsbeiträge vollständig selbst bezahlen müssen, wenn sie zum Beispiel Krankengeld bekommen oder in Elternzeit sind. Aus diesem Grund sollten Sie zusätzlich vereinbaren, dass der Arbeitgeber die Beiträge auch während der Zeit übernimmt, in der Arbeitnehmer nicht mehr arbeiten können, aber auch noch keine Berufsunfähigkeit festgestellt wurde.
Nachteile der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung
Arbeitgeber wählt Versicherer und vereinbart Bedingungen
Bei der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung wählt der Arbeitgeber den Versicherer aus. Das bedeutet, dass die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung anders aussehen kann als die Versicherung, die man als Arbeitnehmer selbst gewählt hätte. Es ist zum Beispiel möglich, dass günstige Beiträge unter anderem damit erkauft sind, dass der Schutz der Versicherung nur bis 63 statt bis zum regulären Renteneintrittsalter gilt.
Potenzial für Konflikte und eingeschränkten Datenschutz
Der Arbeitgeber ist der Vertragspartner der Versicherung. Das bedeutet, dass er im Fall einer Berufsunfähigkeit den Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente geltend machen muss und im Zusammenhang damit weitaus mehr über den Gesundheitszustand und die Gesundheitshistorie des Arbeitnehmers erfährt, als es normalerweise der Fall wäre. Hier gibt es Potenzial für Konflikte und dafür, dass eigentlich vertrauliche Gesundheitsinformationen vom Arbeitgeber eingesehen und gegen den Arbeitnehmer eingesetzt werden.
Begrenzte Portabilität
Oft ist es nicht möglich, die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung bei einem Arbeitgeberwechsel mitzunehmen. Denn auch wenn eine Übertragung theoretisch möglich ist, lassen sich nur wenige Arbeitgeber darauf ein. In der Regel muss der Vertrag also privat weitergeführt oder ein neuer Vertrag geschlossen werden. Entscheidet man sich, den Vertrag privat weiterzuführen, bedeutet das, dass man nun den vollen Versicherungsbeitrag aus dem Nettoeinkommen zahlt.
Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung
Wer eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat und in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist, muss von seiner Berufsunfähigkeitsrente keine Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen. Anders sieht es bei einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsrente aus: Auf diese fallen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an, was sie um fast 20 Prozent reduziert. Für freiwillig gesetzlich Versicherte macht es keinen Unterschied, ob sie privat oder betrieblich gegen Berufsunfähigkeit versichert sind, weil sie auch bei einer privaten Berufsunfähigkeitsrente Versicherungsbeiträge zahlen.
Volle Besteuerung der Berufsunfähigkeitsrente
Die Leistungen der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung werden voll versteuert – anders als bei der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung, bei der nur der sogenannte Ertragsanteil der Berufsunfähigkeitsrente besteuert wird. Um dies und die Krankenversicherungsbeiträge auszugleichen, muss also bei der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung oft eine höhere Rente gewählt werden. Das kann dazu führen, dass es doch keinen Kostenvorteil gegenüber der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung gibt.
Fazit
Manche Arbeitgeber bieten eine betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung an. Arbeitnehmer, die diese abschließen, können so Steuern und Sozialabgaben sparen und profitieren von vereinfachten Gesundheitsfragen. Die Sozialversicherungsbeiträge, die der Arbeitgeber bei einer Entgeltumwandlung spart, gibt er als Zuschuss weiter. Wer jedoch auch unabhängig vom Arbeitgeber eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit attraktiven Konditionen abschließen kann, sollte dies in Erwägung ziehen, da die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung einige wichtige Nachteile hat. Das gilt insbesondere für alle, die mit einem oder mehreren Arbeitgeberwechseln in der Zukunft rechnen.
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