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Wird die Berufs­unfähigkeitsrente trotz Umschulung gezahlt?

Foto von Munkhjin Enkhsaikhan
Zuletzt aktualisiert am

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Umschulung kann unter bestimmten Umständen eine Weiterzahlung der Berufs­unfähigkeitsrente begründen.
  • Erfolgt eine Umschulung nicht aus gesundheitlichen Gründen, werden Leistungen meist eingestellt.
  • Verweisungsklauseln sorgen dafür, dass Versicherer keine BU-Rente mehr zahlen müssen.
  • Leistungsablehnungen nach einer Umschulung sind meist willkürlich und sollten daher fachlich geprüft werden.

Das erwartet Sie hier

Wann trotz Umschulung Anspruch auf Berufs­unfähigkeitsrente besteht, wann nicht gezahlt wird und was Sie dann tun können.

Inhalt dieser Seite
  1. Wann zahlt der Versicherer trotz Umschulung?
  2. Wann wird die Zahlung eingestellt?
  3. Was tun bei einer Leistungsverweigerung?
  4. Fazit

Besteht Anspruch auf die Berufs­unfähigkeitsrente nach einer Umschulung?

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Anspruch ja oder nein?

Wer aus gesundheitlichen Gründen seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, erhält mit einer Umschulung eine gute Möglichkeit, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Was zunächst gut klingt, kann sich jedoch leicht zu einem ernsten Problem entwickeln – zumindest wenn Sie aktuell eine Berufs­unfähigkeitsrente erhalten und zudem bereits mit Ihrer Umschulungstätigkeit Geld verdienen. Viele Versicherer verweigern in diesem Fall häufig weitere Rentenzahlungen mit der Begründung, es liege keine Berufs­unfähigkeit mehr vor. Doch auch eine Umschulung kann eine Weiterzahlung der Berufs­unfähigkeitsrente rechtfertigen:


Bei Krankheit im Umschulungsberuf

Auch die Tätigkeit im Umschulungsberuf kann eine dauernde Berufs­unfähigkeit nach sich ziehen. Grund dafür sind meist psychische Erkrankungen, welche in der Phase der ersten Berufs­unfähigkeit unentdeckt blieben. Unabhängig von der Krankheit entsteht hier in der Regel Anspruch auf Berufs­unfähigkeitsrente. Zur Berechnung der Versicherungsleistungen wird die Tätigkeit vor dem erstmaligen Eintritt des Versicherungsfalls zugrunde gelegt und nicht wie vielleicht angenommen, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit.

Bei Mehrfachwechsel der Tätigkeit

Sollten Sie sich für eine weitere Umschulungsmaßnahme entscheiden und den Beruf zum wiederholten Male wechseln, können Sie im Falle einer erneuten Berufs­unfähigkeit nicht einfach mit einer Weiterzahlung der zuvor gewährten Berufs­unfähigkeitsrente rechnen. Stattdessen liegt dann ein neuer Versicherungsfall vor, der entsprechend vom Versicherer geprüft werden muss. Erfahrungsgemäß stehen die Chancen jedoch gut, dass der Versicherer die Berufs­unfähigkeitsrente auch in diesem Fall genehmigt. Für die Prüfung der Berufs­unfähigkeit müssen Sie dem Versicherer unter anderem alle Umschulungsbescheide einreichen. Sollten Ihnen dadurch Kosten entstehen, können Sie sich diese von Ihrer Versicherung zurückerstatten lassen.

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Bei aktueller Umschulungsmaßnahme

Absolviert der Versicherungsnehmer aktuell eine Umschulungsmaßnahme, kann der Versicherer ebenfalls die Berufs­unfähigkeitsrente genehmigen. Hierbei handelt es sich jedoch meist um befristete Leistungen, die einmalig für maximal zwölf Monate gezahlt werden. Ist diese Frist abgelaufen beziehungsweise die Umschulung absolviert, wird erneut über die Leistungspflicht entschieden. Stellt sich heraus, dass kein Anspruch mehr auf Berufs­unfähigkeitsrente besteht, sind Sie in der Regel jedoch nicht zur Rückzahlung zuvor gewährter Leistungen verpflichtet.

Warum es keine temporäre Berufs­unfähigkeits­versicherung gibt

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Bei nicht vergleichbarer Tätigkeit

Die Berufs­unfähigkeits­versicherung muss in der Regel auch dann die Berufs­unfähigkeitsrente zahlen, wenn sich die Umschulungstätigkeit hinsichtlich der bisherigen Lebensstellung von der früheren Tätigkeit unterscheidet. Kann der Versicherte also beweisen, dass sein neuer Job Unterschiede in Sachen Fähigkeiten, Gehalt und Sozialprestige mit sich bringt, ist der Versicherer in der Regel nicht zur Leistungsaufhebung berechtigt.

„Bisherige Lebensstellung“ birgt Streitpotenzial

Leider gehen die Meinungen zwischen Versicherern, was unter der „bisherigen Lebensstellung“ zu verstehen ist, oftmals auseinander. Besonders hinsichtlich der gesellschaftlichen Wertschätzung kommt es immer wieder zu Fehlinterpretationen, die für Versicherungsnehmer nicht selten das Aus von Versicherungsleistungen bedeuten. Doch nicht immer kann man Versicherern hier einen Vorwurf machen. Denn häufig ist es einfach schwierig festzustellen, worin sich die Berufe vor und nach der Umschulung unterscheiden und ob beide Berufe vergleichbar sind oder nicht.


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Gut zu wissen

Hat sich Ihre berufliche Tätigkeit aufgrund einer Umschulung geändert, sind Sie dazu verpflichtet, dies unverzüglich zu melden. Der Versicherer wird daraufhin prüfen, ob Anspruch auf Zahlungen aus der Berufs­unfähigkeits­versicherung besteht. Die sogenannte Nachprüfung ist jedoch kein einmaliges Ereignis, sondern wird in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Sollte die Nachprüfung positiv ausfallen, ist eine Einstellung der Leistungszahlung die Folge. Die Gründe dafür müssen dem Versicherten jedoch nachvollziehbar dargestellt werden, damit dieser die Möglichkeit hat, abzuschätzen, ob sich ein Vorgehen gegen diese Entscheidung lohnt. Werden Leistungen befristet anerkannt, wird in diesem Zeitraum meist keine Nachprüfung durchgeführt.

Wann wird die Zahlung wegen Umschulung eingestellt?

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Umschulung nicht aus gesundheitlichen Gründen

Damit die Berufs­unfähigkeitsrente weitergezahlt wird, muss die Umschulung beziehungsweise der Berufswechsel aus den richtigen Gründen erfolgen. Beweggründe wie Gehaltssteigerungen, neue Perspektiven oder ungünstige Arbeitszeiten werden dabei nicht vom Versicherer akzeptiert und Leistungen in diesen Fällen zu 100 Prozent gestrichen. Üben Sie eine neue Tätigkeit jedoch aufgrund einer Erkrankung aus, stellt sich die Lage ganz anders dar. In diesem Fall sind Sie jedoch beweispflichtig, das heißt Sie müssen gegenüber Ihrer Versicherung beweisen können, dass der Berufswechsel ausschließlich krankheitsbedingt erfolgt ist. Wir empfehlen hier eine Fachperson zur Hilfe zu nehmen, zumal der Sachverhalt detailliert dargelegt werden muss.

Vertraglich vereinbarte Verweisung

Sind im Versicherungsvertrag Verweisungsklauseln enthalten, kann sich der Versicherer der Pflicht zur Zahlung der Berufs­unfähigkeitsrente entziehen. Hierbei ist es unerheblich, ob der Berufswechsel zunächst aus freien Stücken erfolgte oder durch die Versicherung angeordnet wurde. Denn in beiden Fällen kann der Versicherer die Rentenzahlung einstellen, wenn er dabei bestimmte Voraussetzungen berücksichtigt. Ob dem Berufswechsel eine Umschulung vorausging, ist hier für den Versicherer nebensächlich, zumal für das Inkrafttreten von Verweisungsklauseln lediglich die Rahmenbedingungen der neuen ausgeübten Tätigkeit eine Rolle spielen. Verweisungsklauseln können in zwei Varianten im Versicherungsvertrag aufgeführt sein:

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Abstrakte Verweisung verhindert Berufswahl

Ist im Vertrag eine abstrakte Verweisung vereinbart, bedeutet dies, dass Ihr Versicherer Sie im Fall einer Berufs­unfähigkeit auf eine andere Tätigkeit verweist. Somit liegt eine berufliche Neuorientierung nicht mehr in Ihrer Hand. Um eine Leistungseinstellung zu bewirken, wird der Versicherer zudem darauf achten, dass Ihre neue Tätigkeit der alten Tätigkeit in Art und Umfang entspricht. Eine berufliche Neuorientierung in Form einer Umschulung wird Ihr Versicherer daher nicht akzeptieren, zumal diese mit dem Erlernen neuer Fähigkeiten einhergeht und so der Aspekt der Gleichwertigkeit nicht mehr gegeben wäre. Doch so oder so, die Rentenzahlung würde in beiden Fällen aufgehoben. Egal, ob Sie dem Versicherer hier Folge leisten oder nicht.


Konkrete Verweisung verhindert gesellschaftlich höheren Rang

Hat der Versicherte eine Umschulung zu einer alternativen Tätigkeit absolviert oder bereits eine alternative Tätigkeit aufgenommen, kann der Versicherer sein Recht auf konkrete Verweisung nutzen. Das heißt, der Versicherer kann Sie dann an den von Ihnen neu gewählten Beruf verweisen und damit Zahlungen der Berufs­unfähigkeitsrente einstellen. Natürlich ist dies nicht einfach so möglich. Denn damit Sie der Versicherer überhaupt an einen anderen Beruf verweisen kann, muss die konkrete Verweisung auch Teil des Vertrages sein. Zudem muss auch hier Gleichwertigkeit vorliegen, sprich die neue Tätigkeit muss dem gleichen sozialen Status wie dem alten Beruf entsprechen. Laut Versicherer kann Gleichwertigkeit auch gegeben sein, wenn der Verdienst im neuen Beruf bis zu 30 Prozent unter dem des alten Berufs liegt. Ob eine Leistungseinstellung in diesem Fall jedoch rechtens ist, sollte eine Fachperson klären.

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Achten Sie auf den Verweisungsverzicht

Damit Sie in Ihrem beruflichen Wiedereinstieg möglichst frei sind, sollten Sie unbedingt auf den Verzicht von Verweisungsklauseln achten. Mitunter kann es als Laie schwer sein, Verweisungen in den Versicherungskonditionen auszumachen, insbesondere auch, weil die Gesellschaften kaum die Begriffe „abstrakte oder konkrete Verweisung“ verwenden. Gerne unterstützen Sie unsere unabhängigen Experten dabei, Verweisungsklauseln aus dem Vertrag zu verbannen.

Weitere Klauseln auf die Sie achten sollten

Recht auf Wiedereingliederungshilfe

Stellt Ihr Versicherer Leistungen wegen Berufs­unfähigkeit ein, weil Sie eine Umschulungsmaßnahme abgeschlossen haben, besteht in der Regel ein Recht auf Wiedereingliederungshilfe. Hierbei handelt es sich um eine einmalige Leistung in Höhe einer halben Berufs­unfähigkeitsrente, die je nach Versicherer bis zu 15.000 Euro betragen kann.

Was, wenn der Versicherer die BU-Rente wegen Umschulung verweigert?

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Beratung durch Fachanwälte

Verweigert Ihr Versicherer nach der Umschulung die Fortzahlung der BU-Rente, sollten Sie sich nicht einfach damit abfinden. Lassen Sie stattdessen den Sachverhalt von Fachanwälten prüfen. Nicht selten kann bereits eine außergerichtliche Verhandlung helfen, zu seinem Recht zu kommen. Dies lohnt sich vor allem dann, wenn Ihr Versicherer Sie auf einen Beruf verweist, der Ihrer bisherigen Lebensstellung offensichtlich nicht entspricht.


Im Ernstfall Klage einreichen

Will Ihr Versicherer die Leistung einstellen, weil Sie im Rahmen der Umschulung neue Kenntnisse erworben haben, hilft häufig nur noch der Gang vor das Gericht. Hier wird geprüft, ob der Versicherer die erlernten Kenntnisse überhaupt berücksichtigen darf. Häufig ist dies nämlich nicht der Fall, weshalb die Weiterzahlung der Berufs­unfähigkeitsrente meist erfolgreich durchgesetzt werden kann.

Fazit

Für Versicherte, die eine Umschulung absolvieren oder bereits im Umschulungsberuf tätig sind, kann der Anspruch auf Berufs­unfähigkeitsrente weiter bestehen. Dies ist meist dann gegeben, wenn der Versicherte auch im Umschulungsberuf von Berufs­unfähigkeit betroffen ist, eine weitere Umschulung tätigt oder sich aktuell in einer Umschulungsmaßnahme befindet. Wird die Umschulung jedoch nicht aus gesundheitlichen Gründen durchgeführt, werden Versicherungsleistungen in der Regel eingestellt. Eine Leistungsversagung erfolgt meist auch, wenn die nach der Umschulung ausgeübte Tätigkeit mit der alten Tätigkeit vergleichbar ist.

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Katharina Burnus
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