Das Wichtigste in Kürze
Das erwartet Sie hier
Was individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) für Patienten bedeuten und was Sie beachten sollten, um nicht zu viel oder für unnötige Leistungen zu zahlen.
Inhalt dieser SeiteWas bedeutet IGeL?
Bereits ein Beratungsgespräch beim Arzt kann den Patienten Geld kosten – Individuelle Gesundheitsleistungen, auch IGeL genannt, gehören nicht zu den Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung. Die Bezahlung dieser individuellen Gesundheitsleistungen werden von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen.
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)
Unter IGeL versteht man alle Leistungen, die nicht zum vorgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören und somit von der Kasse auch nicht bezahlt werden müssen.
Hierunter fallen beispielsweise medizinische Maßnahmen zur Vorsorge, zur Früherkennung und Therapien, deren Wirksamkeit nicht ausreichend belegt sind. Hinzu kommen
- kosmetischen Behandlungen
- Reiseimpfungen
- Früherkennungsuntersuchungen
- Laborleistungen
- neue, noch nicht ausreichend erforschte Behandlungsverfahren
IGeL können sinnvoll sein
Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, kann die gesetzliche Krankenkasse keine Optimalvorsorge gewährleisten. Daher sei die Ergänzung durch IGeL sinnvoll. Die unterschiedlichen Gebühren für IGeL finden Sie im IGeL-Katalog.
Bei komplizierten Fällen kann sich die Grundgebühr bis auf das 2,3-fache und in einzelnen Fällen sogar bis auf das 3,5-fache erhöhen, abhängig von der gewählten Leistung.
Patienten müssen informiert werden
Der Patient sollte vor Erbringung der Leistung über Kosten und Nutzen aufgeklärt werden und derart beraten werden, dass er die Möglichkeit hat, sich frei für oder gegen das Angebot zu entscheiden. Ohne einen schriftlichen Vertrag zwischen Arzt und Patienten hat der Arzt keinen Anspruch auf Bezahlung. Was der Arzt für eine solche Zusatzleistung verlangen darf, regelt die Gebührenordnung für Ärzte.
WIdO zeigt Mängel am Verfahren auf
Laut einer Studie der WIdO, dem wissenschaftlichen Institut der AOK, zeigen sich jedoch deutliche Defizite bei der Einhaltung der formalrechtlichen Vorgaben und der Qualität der ärztlichen Beratung. So haben die befragten IGeL-Patienten oft keine schriftliche Zustimmung erteilt (46,6 Prozent) und jeder zehnte Befragte hat keine Rechnung erhalten.
Nur der Hälfte der Patienten (54,9 Prozent) ist der Nutzen des Igel-Verfahrens gut erklärt worden, etwa ein Fünftel der Befragten bewertete die Aufklärung über den Nutzen als schlecht oder sehr schlecht. Auch bei der Aufklärung über die Zuverlässigkeit von Untersuchungsleistungen fühlte sich nur etwas mehr als die Hälfte der Patienten (53,7 Prozent) aufgeklärt. 18,5 Prozent der Patienten gaben an, nicht genug Bedenkzeit gehabt zu haben (Quelle).
Vertrag und Rechnung für Selbstzahlerleistungen
Art der Leistung | Schriftliche Vereinbarung | Rechnung erstellt |
---|---|---|
Glaukomvorsorgeuntersuchung | 47,3 | 47,3 |
Kosmetische Leistungen | 20,0 | 100,0 |
ergänzende Krebsfrüherkennung bei Frauen | 64,0 | 96,0 |
Hautkrebsvorsorge | 54,5 | 90,9 |
Ultraschall | 52,4 | 92,6 |
Blutuntersuchungen/Laborleistungen | 35,5 | 93,5 |
PSA-Wert Bestimmungen | 41,4 | 96,6 |
Medikamente, Heil- und Hilfsmittel | 31,3 | 77,1 |
Knochendichtemessungen | 36,4 | 81,8 |
Akupunktur | 42,9 | 85,7 |
Sonstiges | 54,3 | 87,7 |
Insgesamt | 46,6 | 90,0 |
Umstrittene IGeL
Der Nutzen vieler IGeL ist zudem umstritten. Auch nach Ansicht der Verbraucherzentralen sind nicht alle dieser zusätzlichen Leistungen medizinisch sinnvoll. Die ehemalige Patientenbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, ist der Meinung, dass Ärzte oft zusätzliche Maßnahmen anbieten, deren Nutzen häufig fragwürdig sei. Meist gehe es bei den IGeL vorrangig um wirtschaftliche Interessen von Ärzten und nicht um notwendige medizinische Leistungen für Kranke.
Einschätzung des IGeL-Monitors
Um eine Einschätzung des IGeL-Verfahrens liefern zu können, bewertet das Online-Portal IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) Nutzen und Schaden von IGeL nach wissenschaftlichen Kriterien. Er beurteilt viele Leistungen aufgrund der Analyse wissenschaftlicher Studien.
Bewertungen des IGeL-Monitors
Die Bewertungen des IGeL-Monitors reichen von „Positiv“ über „negativ“ bis hin zu „unklar.“ „Positiv“ bedeutet hierbei, der Nutzen überwiegt eindeutig den Schaden, „tendenziell positiv“ heißt, der Nutzen überwiegt geringfügig den Schaden, „unklar“ – Nutzen beziehungsweise Schaden sind unbekannt oder ausgewogen, „tendenziell negativ“ – der Schaden überwiegt geringfügig, „negativ“ – der Schaden überwiegt eindeutig (direkt zu den Bewertungen).
Einige IGeL können sogar schaden
Von manchen Leistungen, wie der Früherkennung von Eierstockkrebs mittels Ultraschalluntersuchung, wird etwa abgeraten. Die US-amerikanische Vorsorgeorganisation Preventive Services Task Force (USPSTF) ist nach der Analyse mehrerer Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Vorsorgeuntersuchung den Frauen mehr schadet als sie ihnen nutzt, da es häufig zu unnötigen Operationen kommt.
Keine durch den IGeL-Monitor bewertete Leistung kann eine positive Bewertung erreichen. Trotzdem steigt die Zahl der angebotenen privaten Leistungen, wie eine Umfrage des IGeL-Monitors ergab.
Einige private Leistungen immerhin „tendenziell positiv“
Einzelne Leistungen wurden vom IGeL-Monitor mit „tendenziell positiv“ bewertet. Darunter finden sich beispielweise die Akupunktur zur Migräneprophylaxe und die Lichttherapie bei saisonal depressiver Störung.
Die Behandlung von Migräne durch Akupunktur wird durch die Experten des IGeL-Monitor eher positiv eingeschätzt, da es Studien gibt, die Bestätigen, dass diese Methode das gleiche Ergebnis wie Medikamente erzielt. Akupunktur bringt zudem keine Nebenwirkungen mit sich.
Einige Bewertungen des IGeL-Monitors
IGeL | Bewertung des IGeL-Monitor |
---|---|
Akupunktur zur Vorbeugung von Migräneanfällen | “tendenziell positiv” |
Blutegeltherapie bei Kniearthrose | „tendenziell negativ“ |
Botox gegen Schwitzen | “unklar” |
Dünnschichtzytologie zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs | “ohne Bewertung” |
Entfernung von Tätowierungen | “ohne Bewertung” |
Kunsttherapie bei psychischen Erkrankungen | “unklar” |
Lichttherapie bei saisonal depressiver Störung („Winterdepression“) | “tendenziell positiv” |
MRT der Brust zur Krebsfrüherkennung | “tendenziell negativ” |
MRT zur Früherkennung einer Alzheimer-Demenz | “tendenziell negativ” |
Ozon-Eigenbluttherapie zur Behandlung von Long-/Post-COVID | „unklar“ |
Toxoplasmose-Test bei Schwangeren (Früherkennung) | “unklar” |
Ultraschall zur Früherkennung von Gebärmutterkörperkrebs | „tendenziell negativ“ |
Fazit
Durch verschiedene Studien und Bewertungen zum IGeL-Verfahren zeigt sich, dass es einige wenige hilfreiche, viele unnötige und sogar einige schädliche Methoden innerhalb der individuellen Gesundheitsleistungen gibt. Es muss somit immer indiviuell entschieden werden, ob solch eine private Leistung sinnvoll ist oder nicht.
Entscheiden Sie sich für eine dieser zusätzlichen Leistungen, so sollten Sie sich in jedem Fall vor der Durchführung der Therapie, Beratung oder sonstigen Leistung von Ihrem Arzt zu der Leistung ausführlich beraten und einen Kostenvoranschlag erstellen lassen. Zudem sollten Sie darauf achten, dass der Arzt Ihnen eine Rechnung für die Leistung ausstellt. Sind Sie bei einer privaten Krankenversicherung können die IGeL-Kosten in einigen Fällen übernommen werden. Lassen Sie sich hierzu von ihrer privaten Krankenversicherung beraten.
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