- Grenzgänger zwischen Deutschland und Österreich sollten sich im Vorfeld gut über die Bedingungen des jeweils anderen Landes informieren.
- Einiges ist gesetzlich durch die Europäische Union geregelt, anderes unterscheidet sich deutlich.
- Unterschiede gibt es sowohl bei Arbeitsbedingungen als auch im Versicherungsschutz.
Grenzgänger Deutschland – Österreich
Wohnen in Deutschland und arbeiten in Österreich – oder umgekehrt – hält oft so manche Schwierigkeiten bereit. Bevor man sich auf die Arbeitssuche begibt, sollte man sich über die Situation am Arbeitsmarkt und das Sozialversicherungssystem im Beschäftigungsland informieren. Auch wenn vieles von der EU geregelt ist, sind noch deutliche Unterschiede zu erkennen.
Regelungen der Europäischen Union
In der Europäischen Union wurden bestimmte Regelungen festgesetzt, die es den EU-Bürgern erleichtern, in einem Mitgliedstaat die Arbeitstätigkeit auszuüben.
Arbeitnehmerfreizügigkeit
Arbeitssuche und Arbeitslosigkeit
- Erst nach einer vierwöchigen erfolglosen Arbeitssuche im Wohnsitzland, darf man diese im Ausland fortführen.
- Man muss sich nach der Einreise bei der Arbeitsverwaltung als arbeitssuchend melden und die Kontrollvorschriften erfüllen.
Anerkennung von Berufsabschlüssen
Grenzregion Deutschland – Österreich: Unterschiede am Arbeitsmarkt
Bevor man sich auf die Arbeitssuche in einem anderen Land begibt, sollte man sich über die Situation am Arbeitsmarkt informieren. In diesen beiden Staaten gibt es gewisse gesetzliche Unterschiede, welche man kennen und beachten sollte.
Arbeitserlaubnis
Deutschland | Österreich |
Alle Bürger der EU-Mitgliedstaaten sowie von Lichtenstein, Schweiz, Norwegen und Island haben die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Eine Arbeitserlaubnis ist nicht nötig. | Alle Bürger der EU-Mitgliedstaaten sowie von Lichtenstein, Schweiz, Norwegen und Island haben die uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Eine Arbeitserlaubnis ist nicht nötig. Jedoch braucht man eine Anmeldebescheinigung, wenn man sich länger als drei Monate im Land aufhalten möchte. |
Arbeitsbedingungen
Deutschland | Österreich |
Es ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden gesetzlich erlaubt | Es ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden gesetzlich erlaubt |
24-stündige Sonn- und Feiertagsruhe | Wochenendruhe von 36 Stunden |
Eine Probezeit von bis zu sechs Monaten ist üblich. Es muss eine Kündigungsfrist von zwei Wochen eingehalten werden | Die Probezeit ist gesetzlich auf ein Monat beschränkt, in dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis ohne besonderen Grund und ohne Fristen gekündigt werden |
Ein Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen pro Jahr ist gesetzlich vorgeschrieben | Ein Urlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen pro Jahr ist gesetzlich vorgeschrieben |
Mindestlohn
Deutschland | Österreich |
Gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € | Mindestlöhne der einzelnen Branchen sind in den Kollektivverträgen geregelt |
Überstundenzuschläge
Deutschland | Österreich |
Es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Überstundenzuschläge | Für Überstunden gebührt ein Zuschlag von 50% oder Zeitausgleich |
Kündigung
Deutschland | Österreich |
Muss schriftlich erfolgen | Kann schriftlich oder mündlich erfolgen |
Keine unterschiedlichen Kündigungsfristen für Angestellte und Arbeiter | Unterschiedliche Kündigungsfristen für Angestellte und Arbeiter |
Kein Anspruch auf eine Abfindung | Anspruch auf eine Abfindung |
Hinweis: Diese Regelungen können sich fortlaufend ändern. Bevor Sie Ihre Arbeit in Österreich bzw. Deutschland antreten, erkundigen Sie sich daher am besten noch einmal bei der zuständigen Behörde.
So sieht die Situation für Deutschland – Schweiz aus:
Grenzgänger Deutschland – Schweiz
Deutschland – Österreich: Unterschiede in den Versicherungen
Die Krankenversicherung
In Österreich und Deutschland bestehen geringe Unterschiede in Bezug auf die Krankenversicherung. Die beiden Systeme sind im Leistungsumfang als relativ gleichwertig anzusehen.
- In Österreich kann man nicht zwischen den Krankenkassen wählen, sie wird je nach Region und Tätigkeit festgelegt.
- In Österreich wird in Bezug auf die Beitragssätze zwischen Arbeiter, Angestellten und anderen Beitragsgruppen unterschieden. Außerdem sind diese wesentlich niedriger, dafür gibt es mehr Selbstbehalte.
- In Österreich gibt es die E-Card, auf welcher die persönlichen Daten des Versicherten gespeichert sind. Sie ist bei jedem Arztbesuch mitzubringen. In Deutschland gibt es eine Speicher-Chipkarte.
- Die Beitragsbemessungsgrenze zur privaten Krankenversicherung liegt in Österreich bei 5.550 € monatlich (2021). In Deutschland liegt diese bei 4.837,50 € (2021).
Arbeiten in Deutschland, wohnen in Österreich:
Ist man in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt, muss man sich bei einer deutschen Krankenkasse versichern. Spätestens beim Arbeitsantritt muss man dem Arbeitgeber mitteilen, bei welcher Krankenkasse man sich versichern lassen möchte, denn dieser übernimmt dann die Anmeldung.
Arbeiten in Österreich, wohnen in Deutschland:
Wenn man in Österreich sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, wird man vom Arbeitgeber bei der Österreichischen Gebietskrankenkasse angemeldet.
Die Pflegeversicherung
Auch bei der Pflegeversicherung bestehen nur geringe Unterschiede zwischen dem österreichischen und deutschen System. Der Leistungsumfang gilt auch hier als relativ gleichwertig.
Deutschland | Österreich |
Krankenversicherte Personen müssen Pflichtbeiträge für die Pflegeversicherung zahlen. | Das Pflegegeld ist eine aus Steuermitteln erbrachte Vorsorgeleistung. |
Es gibt fünf Pflegestufen bzw. Pflegegrade, nach denen sich das Pflegegeld richtet. | Es besteht ein Rechtsanspruch auf das Pflegegeld. |
Arbeiten in Deutschland, wohnen in Österreich:
Durch die Versicherung bei einer deutschen Krankenkasse zahlt man automatisch auch die Pflegeversicherung. Dadurch hat man einen Anspruch auf das Pflegegeld, selbst wenn man sich in einem anderen EU-Mitgliedsland aufhält.
Arbeiten in Österreich, wohnen in Deutschland:
Grenzgänger haben keinen Anspruch auf das Pflegegeld, da der Wohnsitz in Österreich eingetragen sein muss.
Die Rentenversicherung
- In Österreich heißt die Rentenversicherung Pensionsversicherung, während in Deutschland vor allem das Ruhegeld von Beamten als Pension bezeichnet wird.
- In Österreich werden Leistungen für Kriegsopfer, Verbrechensopfer und bei Impfschäden als Renten bezeichnet.
- In Österreich bezeichnet man die “Rente bei Erwerbsminderung” als Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension
- Die Beitragsbemessungsgrenze liegt in Deutschland bei 4.837,50 € (2021). In Österreich liegt diese bei 5.550 € und wird als Höchstbeitragsgrundlage bezeichnet.
- In Österreich gibt es eine Schwerarbeiterpension sowie einen Bonus, wenn man über das gesetzliche Pensionsalter hinaus arbeitet.
Was sagt der schweizer Ex-Botschafter zu den Systemen beider Länder?
Ex-Botschafter kritisiert deutsche Altersvorsorge
Die Unfallversicherung
Deutschland | Österreich |
Die Berufsgenossenschaft ist für Behandlungskosten im Rahmen der Vorleistungspflicht bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zuständig. | Der zuständige Krankenversicherungsträger übernimmt Behandlungskosten im Rahmen der Vorleistungspflicht bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. |
Die Zahl der Unfallversicherungsträger ist groß. | Die Allgemeine Unfallversicherung ist für die meisten Personen zuständig, es existieren nur 3 weitere Träger. |
Arbeiten in Deutschland, wohnen in Österreich:
Im Normalfall wird man vom Arbeitgeber bei einer Unfallversicherung versichert, er zahlt die Beiträge an den jeweiligen Träger bzw. die Berufsgenossenschaft. Ist man allerdings auch im Staat des Wohnsitzes beschäftigt, ist man dort für beide Arbeitsverhältnisse zu versichern. Geldleistungen der deutschen Unfallversicherung kommen aus dem Recht zur Auszahlung, die Gewährung von Sachleistungen richtet sich nach dem Land, in dem diese in Anspruch genommen werden. Ein Unfall ist unverzüglich dem Arbeitgeber oder der Berufsgenossenschaft zu melden.
Arbeiten in Österreich, wohnen in Deutschland:
Im Normalfall wird man vom Arbeitgeber bei einer Unfallversicherung gemeldet, er zahlt auch die Beiträge. Auch wenn man in einem anderen EU-Mitgliedsland wohnt, hat man ein Anrecht auf die Leistungen der Unfallversicherung. Man kann sich im Beschäftigungs- sowie Wohnsitzland behandeln lassen. Bei einem Unfall muss man unverzüglich den Arbeitgeber informieren, welcher danach verpflichtet ist, dies innerhalb von fünf Tagen dem zuständigen Versicherungsträger zu melden.
Die Arbeitslosenversicherung
Die Arbeitslosenentschädigung ist von der Arbeitslosenversicherung im Land des Wohnsitzes zu entrichten. Daher gelten auch die Voraussetzungen des Wohnsitzstaates. In Österreich und Deutschland variieren die versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten, welche benötigt werden, um einen Anspruch zu erhalten.
Deutschland
Österreich
- Bei der ersten Inanspruchnahme: 52 Wochen Versicherungszeit innerhalb der vergangenen 24 Monate.
- Bei der ersten Inanspruchnahme, vor Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn innerhalb von 4 Wochen keine Vermittlung möglich ist: 26 Wochen Versicherungszeit innerhalb der vergangenen 12 Monate.
- Bei wiederholter Inanspruchnahme: 28 Wochen innerhalb der vergangenen 12 Monate
Fazit
Die Regelungen der Europäischen Union erleichtern Grenzgängern die Arbeitssituation erheblich. Jedoch gibt es, vor allem am Arbeitsmarkt, Unterschiede Diese sollte man auf jeden Fall kennen, bevor man sich eine Tätigkeit im Nachbarland sucht. Außerdem ist es wichtig, sich genau über seine Sozialversicherung zu informieren, damit später keine Probleme auftreten. Mit den wichtigsten Grundlagen im Kopf hat gelingt die neue Arbeitssituation.