Hilfsmittel in der privaten Kranken­versicherung

Fachlich geprüft durch Robert Böhrk
Zuletzt aktualisiert am

Das Wichtigste in Kürze

  • Welche und in welcher Höhe Hilfsmittel von der privaten Kranken­versicherung übernommen werden, hängt vom jeweiligen Tarif ab.
  • Bei einem geschlossenen Hilfsmittelkatalog werden nur Hilfsmittel erstattet, die dort ausdrücklich gelistet sind.
  • Achten Sie in Bezug auf Hilfsmittel auf bestimmte Formulierungen und Summenbegrenzungen in Ihrem Versicherungsvertrag.

Das erwartet Sie hier

Welche Hilfsmittel die private Kranken­versicherung erstattet und auf welche Formulierungen Sie achten sollten.

Inhalt dieser Seite
  1. Was sind Hilfsmittel in der PKV?
  2. Wann werden Hilfsmittel erstattet?
  3. Geschlossener und offener Hilfsmittelkatalog
  4. Hilfsmittel als Faktor bei Tarifwahl
  5. Gerichtsurteile zu Hilfsmitteln

Was sind Hilfsmittel in der privaten Kranken­versicherung?

Was zählt als Hilfsmittel?

Bei Hilfsmitteln in der privaten Kranken­versicherung handelt es sich um Gegenstände, die durch ersetzende, unterstützende oder entlastende Wirkung den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder eine Behinderung ausgleichen. Es können zudem auch technische Produkte sein, die dazu dienen, Arzneimittel oder andere Therapeutika in den menschlichen Körper einzubringen – zum Beispiel bestimmte Spritzen, Inhalationsgeräte oder Applikationshilfen.

Es besteht ein Anspruch auf Hilfsmittel, wenn diese bei der Verrichtung von Grundbedürfnissen unterstützen. Diese sind unter anderem die Ernährung, Körperpflege, der Besuch einer Regelschule bei schulpflichtigen Kindern oder die Berufsfähigkeit. Laut Sozialgesetzbuch haben Patienten Anspruch auf ein Hilfsmittel, wenn dieses dazu beiträgt, körperliche oder soziale Grundbedürfnisse zu erfüllen.


Beispiele für Hilfsmittel

Zu den Hilfsmitteln gehören unter anderem:

  • Seh- und Hörhilfen (Brillen, Hörgeräte)
  • Körperersatzstücke (Prothesen)
  • Orthopädische Hilfsmittel (orthopädische Schuhe, Rollstühle)
  • Inkontinenz- und Stoma-Artikel
  • Heimdialysegeräte, Beatmungsgeräte zur häuslichen Anwendung
Icon Rollstuhl

Beispiel von Definition und Erstattung von Hilfsmitteln

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Die Definition und Erstattung von Hilfsmitteln kann beispielsweise so aussehen:

Abschnitt 1.5. aus der Kundeninformation der Hansemerkur zur Krankenvollversicherung; Aufzählung der Hilfsmittel, die zu 100 % übernommen werden, darunter sind z.B. Hör- und Sprechhilfen, Prothesen und Orthesen sowie Rollatoren
Quelle: HanseMerkur, Verbraucherinformation Voll­versicherung; Stand: März 2024

Unterscheidung in kleine und große Hilfsmittel

In der Regel wird eine Unterteilung in kleine und große Hilfsmittel unternommen. Zu den kleinen Hilfsmitteln zählen zum Beispiel Sehhilfen, orthopädische Einlagen, Blutdruckmessgeräte oder Bandagen. Große Hilfsmittel sind hingegen Geräte wie Prothesen, bestimmte Lesegeräte oder Heimdialysegeräte. Zudem gibt es Hilfsmittel, die das Überleben absichern wie zum Beispiel Geräte zur künstlichen Ernährung, Beatmungsgeräte oder Atemüberwachungsmonitore.

Was zählt nicht als Hilfsmittel?

  • Medizinische Dienstleistungen
  • Behindertengerechter Umbau
  • Gebrauchsgegenstände des alltäglichen Lebens wie beispielsweise Heizdecken oder Wärmflaschen

Wann und wie werden Hilfsmittel in der PKV erstattet?

Private Kranken­versicherer erstatten Hilfsmittel unter den folgenden Bedingungen:

  1. Es handelt sich um ein medizinisch notwendiges Hilfsmittel.
  2. Das Hilfsmittel wurde durch einen Arzt oder Zahnarzt verordnet.
  3. Der Tarif sieht eine Erstattung des Hilfsmittels vor.
  4. Es gibt keine vorrangigen Leistungsträger wie zum Beispiel die Unfall­versicherung.

Für Hilfsmittel besteht in der privaten Kranken­­versicherung keine amtliche Gebührenordnung, etwa bei ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlungen. Zudem ist es vom Tarif abhängig, wie hoch die Anzahl der Hilfsmittel ist, die von der Versicherung bezahlt werden.

Im Basistarif orientiert sich die Erstattung von Hilfsmitteln in der Regel an den Bestimmungen und dem Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Kranken­­versicherung (GKV).


Achten Sie auf Einschränkungen

Je nachdem, um welchen Tarif und welches Hilfsmittel es sich handelt, ist beispielsweise eine Kostenübernahme zu 80 oder 100 Prozent vorgesehen, oder der Versicherer zahlt bis zu einem bestimmten Höchstbetrag. Außerdem gibt es bei den Hilfsmitteln häufig Beschränkungen, wie oft ein Gerät ersetzt wird. Hörgeräte werden beispielsweise nur alle fünf Jahre ersetzt. Der Umfang der Leistungen ist variabel. In den Vertragsbedingungen kann eine Einschränkung zum Beispiel so aussehen:

Icon Blatt mit Lupe
Quelle: Versicherungskammer Bayern, AVB, Tarif GesundheitVario; Stand: 01.02.2023

Achten Sie auch auf Formulierungen wie zum Beispiel „Erstattung der Hilfsmittel in einfacher Ausführung“ geachtet werden. Denn durch diese Klausel wird der Umfang der Hilfsmittelzusage empfindlich eingeschränkt.


So läuft die Erstattung ab

Hilfsmittel können sehr teuer sein. Das gilt beispielsweise für Krankenfahrstühle oder Überwachungsmonitore für Säuglinge. Hier ist zu empfehlen, sich zunächst beim Versicherer über die Möglichkeiten der Kostenerstattung zu informieren und gerade bei teuren Hilfsmitteln müssen Sie vorher einen Kostenvoranschlag vorlegen.

Hilfsmittel leihen und mieten

Bei nur vorübergehend benötigten Hilfsmitteln ermöglichen private Kranken­versicherer unter Umständen das Ausleihen des Hilfsmittels. Aber auch kleinere Hilfsmittel wie Gehhilfen können im Sanitätshandel gemietet und die Kosten dafür erstattet werden.

Geschlossener und offener Hilfsmittelkatalog

Der Hilfsmittelkatalog einer Kranken­versicherung ist die Liste der Hilfsmittel, für die sie vollständig oder anteilig die Kosten trägt. Versicherer haben jeweils individuelle Hilfsmittelkataloge.

Icon Behandlung Kreuz

Offener Hilfsmittelkatalog

Der sogenannte offene Hilfsmittelkatalog erstattet alle medizinisch notwendigen Hilfsmittel. Während in einem geschlossenen Hilfsmittelkatalog die bezahlten Hilfsmittel aufgeführt sind, werden im offenen Hilfsmittelkatalog keine konkreten Hilfsmittel genannt.

Icon Liste

Geschlossener Hilfsmittelkatalog

Viele private Kranken­versicherungen haben einen geschlossenen Hilfsmittelkatalog, in dem alle erstattungsfähigen Hilfsmittel aufgezählt werden. Geschlossen ist er deshalb, weil außer den in dem Katalog aufgezählten Hilfsmitteln keine weiteren Hilfsmittel ersetzt werden. Zu diesen Hilfsmitteln zählen meist unter anderem Brillen, Geh- und Stützapparate, Hörgeräte, künstliche Augen, elektronische Kehlköpfe oder Krankenfahrstühle.

Beispiel: Offener Hilfsmittelkatalog

In den Versicherungs­bedingungen könnte bei einem offenen Hilfsmittelkatalog beispielsweise stehen: „Ersetzt werden Aufwendungen für die Anschaffung, die Wiederbeschaffung und die Reparatur von medizinisch notwendigen Hilfsmitteln, die von einem Arzt oder Heilpraktiker verordnet sind.“

Experten-Tipp:
Wie sieht es aktuell um die Erstattung von Hilfsmitteln in der PKV aus?

„Wirklich geschlossene Hilfsmittelkataloge gibt es in der PKV nicht mehr, seitdem die PKV 2012/13 mit Einführung der Unisex-Tarife eine Qualitätsoffensive ausgerufen hat. Von der Definition her bietet also jede PKV mittlerweile einen offenen Hilfsmittelkatalog. Aber die Unterscheidung findet sich wieder mal im Kleingedruckten.

Welche Ausführungen der Hilfsmittel wird erstattet? Einfache Standardausführungen sind eventuell nicht High-End. Eventuell kommen noch Summenbeschränkungen bei bestimmten Hilfsmitteln hinzu. Oder schon die reine Formulierung, gekoppelt mit einer Summenbeschränkung, kann nachteilig für den Kunden sein. Ein Beispiel: Hörgeräte sind tatsächlich nur die Geräte, die ich in das Ohr setze. Hörhilfen umfassen dann alle Möglichkeiten im Bereich Akustik und somit zum Beispiel auch Cochlea Implantate (Gesamtkosten: 40.000 Euro). Wenn ich nun also als Versicherer Hörhilfen auf eine Summe begrenze, kann das nachteiliger für den Kunden sein, weil damit alles erfasst und somit begrenzt ist.“

Foto von Robert Böhrk
Berater

Tarifwahl und Tarifwechsel wegen Hilfsmitteln

Von Anfang an auf Hilfsmittel achten

Der Abschluss einer privaten Kranken­versicherung ist eine langfristige Entscheidung. Ein späterer Wechsel zu einem anderen Anbieter ist unter Umständen nicht oder nur unter Inkaufnahme von Nachteilen möglich. Daher sollten Sie vor dem Abschluss einer Versicherung genau auf deren Leistungen achten, einschließlich der Regelungen zu Hilfsmitteln. Das Gleiche gilt für Tarifwechsel.

  • Handelt es sich um einen Tarif mit einem offenen oder mit einem geschlossenen Hilfsmittelkatalog?
  • In welcher Qualität werden Hilfsmittel im jeweiligen Tarif erstattet?
  • Reicht die Höhe der maximalen Kostenübernahme für Hilfsmittel auch in 20 oder 30 Jahren noch aus, um eine bedarfsgerechte Versorgung abzusichern?

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Achtung bei PKV-Wechsel

Sofern das Versicherungs­unternehmen auch Tarife mit offenem Hilfsmittelkatalog im Programm hat, kann ein späterer Wechsel in einen solchen Tarif sinnvoll sein. Allerdings existieren für Versicherungsnehmer hierbei Hürden. Der Wechsel in einen Tarif, der gegenüber dem aktuellen Vertrag keine Mehrleistungen bietet, ist jederzeit ohne erneute Gesundheitsprüfung möglich.

Bei einem leistungsstärkeren Tarif kann der Versicherer dagegen erneut Gesundheitsfragen stellen. Aus inzwischen neu aufgetretenen Erkrankungen können Risikoaufschläge oder Leistungsausschlüsse resultieren. Ein Tarifwechsel sollte somit nicht erst aus einer akuten Notwendigkeit erfolgen. Was Sie alles bei einem Wechsel der PKV beachten müssen, lesen Sie hier:

Alle Informationen zum Wechsel der PKV

Gerichtsurteile zu Hilfsmitteln in der privaten Kranken­versicherung

Private Kranken­versicherungen verweigern häufig die Kostenübernahme mit der Begründung, dass es sich bei dem Hilfsmittel um ein Luxusmodell handelt. Dies ist jedoch nicht immer legitim, wie Gerichtsurteile zeigen.

Gerichtsstreit über Kostenübernahme für Rollstuhl

Bei einem Fall, der dem Landgericht Düsseldorf im November 2012 vorgetragen wurde, ging es um einen Multifunktionsrollstuhl mit Komfort-Sitzelementen, der einer Wachkomapatientin verordnet wurde. Die Versicherung verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass es sich um ein Luxusmodell handele, im Versicherungsvertrag jedoch vermerkt sei, dass lediglich Hilfsmittel in einfacher Ausführung von der Versicherung übernommen werden.

Urteil begünstigt Patienten

Das Gericht entschied jedoch zu Gunsten der Patientin. Dies wurde von den Richtern damit begründet, dass die Formulierung „in einfacher Ausführung“ zu unbestimmt sei. Es gehe aus dieser Formulierung nicht hervor, ob sie sich auf quantitative, qualitative oder rein monetäre Merkmale beziehe. Das heißt, die Klausel lässt offen, ob nur das schlichteste Hilfsmittel ersetzt wird, ob es eine bestimmte Preisbegrenzung bei dem Hilfsmittel gibt oder ob nur ein einziges Hilfsmittel von der Versicherung übernommen wird.

Bei Hilfsmitteln zählt die ärztliche Anordnung

Auch die Begründung, dass das Hilfsmittel medizinisch nicht notwendig sei, wies das Gericht ab. Denn, so die Begründung der Richter, es zählt lediglich, ob das Hilfsmittel ärztlich angeordnet sei. Nur in Bezug auf die ärztliche Heilbehandlung darf die private Kranken­versicherung die medizinische Notwendigkeit prüfen, nicht aber in Bezug auf ärztlich angeordnete Hilfsmittel.

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Katharina Burnus
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