Das erwartet Sie hier
Wie Versicherer einem Versicherungsbetrug auf die Schliche kommen und mit welchen Konsequenzen Versicherungsbetrüger rechnen müssen.
Inhalt dieser SeiteDas Wichtigste in Kürze
So wird Versicherungsbetrug geprüft und aufgeklärt
Verdachtsfall: Prüfung der Unterlagen
Entdeckt ein Sachbearbeiter bei der Bearbeitung eines Schadenfalls Ungereimtheiten, hält der Versicherer die Zahlung erst einmal zurück. Zudem werden vom Versicherungsnehmer weitere Unterlagen angefordert. Um den Verdacht zu entkräften oder zu erhärten, wird als Nächstes das Folgende geprüft:
Einsatz von Künstlicher Intelligenz
Immer mehr Versicherer setzen auf künstliche Intelligenz (KI), um Versicherungsbetrug aufzudecken. KI kann in kurzer Zeit sehr große Datenmengen analysieren und so Betrugsmuster schneller erkennen, als ein menschlicher Sachbearbeiter. So wird KI aktuell schon von Versicherern eingesetzt:
Findet die KI Auffälligkeiten, werden Sachbearbeiter darauf aufmerksam gemacht und können weitere Auskünfte zum Schadensfall und zu den von der KI hervorgehobenen Punkten vom Versicherungsnehmer verlangen (Quelle: Handelsblatt).
Erhärteter Verdacht: detaillierte Untersuchung und Gutachter
Erhärtet sich der Verdacht eines Versicherungsbetruges, wird den Hinweisen weiter auf den Grund gegangen. Hierbei werden zum Beispiel die folgenden Fragen geklärt:
Einschalten eines unabhängigen Gutachters
Zusätzlich kann die Versicherung einen unabhängigen Schadengutachter beauftragen. Dieser analysiert den beschädigten Gegenstand, prüft die Schadenhöhe und führt Echtheitsprüfungen von Zertifikaten und Rechnungen durch. Im Zuge der Echtheitsprüfung untersucht der Sachverständige die Dokumente auf eventuelle Auffälligkeiten:
Versicherungsbetrug: Strafanzeige
Erhärtet sich der Verdacht so weit, dass die Versicherung von einem Versicherungsbetrug überzeugt ist, kann sie eine Strafanzeige stellen. Daraufhin führt dann die Staatsanwaltschaft eigene Ermittlungen durch.
Datenbank zur Prävention von Betrugsfällen
Um Versicherungsbetrüger auf frischer Tat zu ertappen, haben die im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) organisierten Versicherungsunternehmen am 1. April 2011 eine Datenbank eingeführt: das sogenannte Hinweis- und Informationssystem (HIS). Hier sind sämtliche gemeldeten Schäden erfasst. Es soll die Versicherungsbranche bei der Aufdeckung und Vermeidung von Versicherungsbetrug und Missbrauch sowie bei Risikoprüfungen unterstützen.
Wo beginnt eigentlich Versicherungsbetrug?
Was gilt als Versicherungsbetrug?
Versicherungsbetrug ist eine spezielle Form des Betrugs und somit eine Straftat nach § 263 Strafgesetzbuch (StGB). Es handelt sich dann um Versicherungsbetrug, wenn ein Versicherungsnehmer versucht, durch Täuschung oder unwahre Behauptungen zu Unrecht Leistungen von seiner Versicherung zu erhalten. Bereits der Versuch ist strafbar.
Strafgesetzbuch (StGB) § 263 „Betrug“
„(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ (Quelle: Strafgesetzbuch, § 263).
Diese Strafen drohen
Die Strafen für Versicherungsbetrug hängen von der Schwere der Tat ab und reichen von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen können auch Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahre verhängt werden (Quelle: Strafgesetzbuch, § 263).
In jedem Fall müssen Versicherungsbetrüger jedoch davon ausgehen, dass die Versicherung den entsprechenden Versicherungsschutz kündigt.
Versicherungsbetrug melden
Wenn Sie den Verdacht haben, dass eine andere Person Versicherungsbetrug begeht und Sie dagegen vorgehen möchten, haben Sie zwei Möglichkeiten: Sie können den Betrug zum einen dem Versicherer melden. Schildern Sie dem Versicherer detailliert die Gründe für Ihren Verdacht und legen Sie, falls möglich, Beweise bei. Zum anderen können sie Strafanzeige bei der Polizei erstatten.
Zehn Prozent Betrugsfälle jährlich
Laut der Versicherungsbranche ist jeder zehnte gemeldete Schadensfall verdächtig. Den dadurch entstehenden Schaden schätzen die Versicherer auf bis zu sechs Milliarden Euro jährlich. In den meisten Fällen wird dabei ein falscher Hergang des Schadens angegeben oder die Höhe des entstandenen Schadens wird übertrieben. Besonders bei der Kraftfahrtversicherung ist Versicherungsbetrug häufig (Quelle: Gesamtverband der Versicherer).
Folge: höhere Versicherungsbeiträge
Große oder bandenmäßige Betrugsfälle ziehen mehr Aufmerksamkeit auf sich und landen eher in den Medien. Doch ein Großteil des Versicherungsbetruges wird von normalen Versicherungskunden begangen, die ihre Versicherung ein- oder zweimal um geringe Beträge betrügen. In der Regel werden nur selten Schäden von mehr als 250 Euro gemeldet. Diese Schäden summieren sich jedoch und am Ende fehlt den Versicherungen das Geld, um wirklich schwerwiegende Schadensfälle zu begleichen. Das zwingt die Versicherer dazu, alle Versicherungskunden mit höheren Versicherungsbeiträgen zu belasten.
Beispiele für Versicherungsbetrug
Häufige Arten von Versicherungsbetrug
In den meisten Fällen handelt es sich bei Versicherungsbetrug um eine der vier folgenden Arten:
Beispiele für Versicherungsbetrug
Im Folgenden geben wir Ihnen einige Beispiele für Versicherungsbetrug in bestimmten Versicherungssparten:
Gerichtsurteile wegen Versicherungsbetruges
Vorgetäuschter Unfall
Der Halter und Eigentümer eines Volvo XC 60 verlangte von seiner Haftpflichtversicherung 11.200 Euro Schadenersatz. Sein auf einem Parkstreifen geparktes Auto soll durch einen Mercedes Sprinter beim Vorbeifahren gestreift und so beschädigt worden sein. Der Haftpflichtversicherer konnte jedoch einen abgesprochenen Verkehrsunfall nachweisen und forderte vom Kläger die Reparaturkosten für den Sprinter und die für die Aufklärung der Unfallmanipulation angefallenen Sachverständigenkosten zurück – insgesamt 20.000 Euro. Der Schaden am Volvo war eigentlich beim Zurücksetzen des Sprinters entstanden – das konnte ein Sachverständiger nachweisen. Das Oberlandesgericht Hamm gab dem Versicherer Recht (Quelle: Oberlandesgericht Hamm, I-9 U 1/16).
Lügen bei Brandursachen
Ein Versicherungsnehmer vergaß nach dem Kochen einen mit Fett gefüllten Topf auf dem angeschalteten Cerankochfeld. Als sich das Fett entzündete, entstand starker Rauch. Durch die starke Wärme und den Rauch kam es in mehreren Räumen zu Schäden. Der Versicherungsnehmer verlangte vom Versicherer knapp 20.000 Euro. Das Oberlandesgericht Osnabrück urteilte jedoch, dass er arglistig seine vertraglichen Pflichten verletzt hätte, da er dem Versicherer Tatsachen verschwiegen und falsche Angaben gemacht hätte. Der Versicherungsnehmer hatte dem Versicherer zweimal den Hergang des Schadens falsch dargestellt und behauptet, dass der Schaden durch einen technischen Defekt des Elektroherdes entstanden sei (Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg, Az. 5 U 79/14).
Falsche Rechnung für Fahrrad
Ein Handybesitzer hatte seinem Handyversicherer als Schaden gemeldet, dass sein Handy heruntergefallen und dabei in zwei Teile zersprungen sei. Der Versicherer zweifelte an diesem Schadenshergang. Nach Einschätzung eines Sachverständigen sei solch ein Schaden durch einen bloßen Aufprall auf dem Boden nicht möglich. Die Handyversicherung forderte daraufhin rund 320 Euro für die Ermittlungskosten und für das Sachverständigengutachten vom Handybesitzer zurück. Das Amtsgericht Grimma folgte dem Versicherer in seiner Einschätzung (Quelle: Amtsgericht Grimma, Az. 4 C 134/07).
Die häufigsten Fragen zum Thema Versicherungsbetrug
Was gilt als Versicherungsbetrug?
Versicherungsbetrug liegt vor, wenn ein Versicherungsnehmer versucht, durch Täuschung oder unwahre Angaben unberechtigt Leistungen von seiner Versicherung zu erhalten. Dies kann beispielsweise das Vortäuschen eines Schadens oder die Übertreibung der Schadenshöhe sein.
Welche Strafen drohen bei Versicherungsbetrug?
Versicherungsbetrug ist eine Straftat gemäß § 263 StGB. Die Strafen reichen von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen können sogar Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren verhängt werden.
Wie erkennen Versicherer einen möglichen Betrug?
Versicherer nutzen verschiedene Methoden, um Betrugsversuche zu erkennen. Dazu gehören automatisierte Prüfverfahren, künstliche Intelligenz, das Hinweis- und Informationssystem (HIS) sowie die Beauftragung von Gutachtern oder Detektiven bei Verdachtsfällen.
Was passiert, wenn ein Betrug aufgedeckt wird?
Wird ein Versicherungsbetrug nachgewiesen, kann der Versicherer den Vertrag kündigen und bereits ausgezahlte Leistungen zurückfordern. Zudem erfolgt in der Regel eine Strafanzeige, die zu einem Ermittlungsverfahren führt.
Wie häufig kommt Versicherungsbetrug vor?
Laut Angaben der Versicherungsbranche ist etwa jeder zehnte gemeldete Schadensfall verdächtig. Die dadurch entstehenden Schäden werden auf bis zu sechs Milliarden Euro jährlich geschätzt.
Haben Sie alles gefunden?
Hier finden Sie weitere interessante Inhalte zum Thema:
Schnelle Frage, Kritik oder Feedback?
Wir helfen Ihnen gern. Professionelle Beratung von echten Menschen. Rufen Sie uns zum Ortstarif an oder schreiben Sie uns per E‑Mail.