Zwangskündigung des Bausparvertrags? So können sich Kunden wehren

Das Wichtigste in Kürze

  • Bausparverträge können von den Bausparkassen gekündigt werden, wenn der Vertrag seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif ist.
  • Zuteilungsreif bedeutet, dass die gesamte Bausparsumme angespart wurde.
  • Da Altverträge weitaus höher verzinst werden, haben Bausparkassen ein eigenes Interesse daran, diese zwangszukündigen.
  • Betroffene sollten die Kündigung genauestens prüfen und im Zweifelsfall einen Fachanwalt einschalten.

Das erwartet Sie hier

Was Sie tun können, wenn Sie zur Kündigung des Bausparvertrages gezwungen werden.

Inhalt dieser Seite
  1. Was Sie nun tun können
  2. Zwangskündigung: Gerichtsurteil
  3. Was passiert nach der Zuteilungsreife?
  4. Fazit

Was tun bei Zwangskündigung?

Icon Vertrag kündigen

Eine Welle von Zwangskündigungen

Dass tausende Bausparer noch heute von den ehemals hohen Zinsen auf das Sparguthaben profitieren, ist für die Kassen in Niedrigzinsphasen eine enorme Belastung. Deshalb wollen die Unternehmen genau diese Kunden loswerden. Sie berufen sich auf einen Anspruch, den Vertrag zehn Jahre nach Erreichen der Zuteilungsreife kündigen zu können. Aus diesem Grund sahen sich in den letzten Jahren viele Sparer mit Kündigungen konfrontiert. Unter Umständen können Sie sich jedoch erfolgreich wehren.

Bausparen: So funktioniert es

So können Sie sich wehren

Wenn sie eine Kündigung ihres Bausparvertrages erhalten, sollten sich Bausparende dem Rat von Verbraucherschützern zufolge möglichst an folgende Regeln halten:

  • Zunächst sollten immer der genaue Kündigungsgrund und die konkreten Vereinbarungen des Bausparvertrages überprüft werden.
  • Wenn die Kündigung des Bausparvertrags durch die Kasse nicht zulässig ist, sollte man dieser am besten per Einschreiben widersprechen.
  • In einigen Fällen wurden die Schreiben der Kunden von den Bausparkassen einfach ignoriert und es wurden, trotz Widerspruch, die angesparten Beträge auf die Konten der Kunden überwiesen. Tritt dieser Fall ein, sollte man seiner Kasse erneut schreiben und darlegen, dass man mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden ist.
  • Im Zweifel sollte man sich Unterstützung holen – entweder bei der Verbraucherzentrale, bei seiner Rechtsschutz­versicherung (wenn man rechtzeitig eine abgeschlossen hat) oder bei einem Fachanwalt.
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Lassen Sie sich nicht übereilt auf Tarifwechsel ein

Viele Banken und Bausparkassen versuchen, Kunden von Alternativen zu ihren Altverträgen zu überzeugen, beispielsweise, indem sie Prämien anbieten. Wer einen guten Altvertrag hat, profitiert jedoch in vielen Fällen nicht von einem Wechsel. Schauen Sie also genau hin, wenn Ihr Bausparanbieter Sie von einem alternativen Angebot überzeugen möchte, oder suchen Sie eine professionelle Einschätzung.

Zwangskündigungen durch die Kassen

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Wann dürfen Bausparanbieter kündigen?

Die Kassen berufen sich meist auf eine Regelung des BGB, die besagt, dass Darlehensnehmer nach Ablauf von zehn Jahren den Vertrag kündigen können – und während der Ansparphase agiert die Bausparkasse als Darlehensnehmer. Bei vielen Verträgen beginnen die zehn Jahre mit dem Erreichen der Zuteilungsreife. Bisher kamen die Kassen mit dem Verweis auf den Paragrafen im Grundgesetz auch durch: Bei bisher 200 erstinstanzlichen Entscheidungen bekamen sie in neun von zehn Fällen vor Gericht Recht zugesprochen.


Urteil des Bundesgerichtshofes sorgt für keine Erleichterung

Neue Hoffnung konnten Bausparer durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart schöpfen. Im März 2016 entschied das Gericht zunächst, dass die Kündigung der Wüstenrot Bausparkasse bei einer Kundin nicht rechtens war. In dem Streit ging es darum, ob dem Bausparer gekündigt werden darf, wenn die Bausparmittel zuteilungsreif sind, aber nicht vom Kunden abgerufen werden.

Erfolgreiche Revision

Da die Bausparkasse Wüstenrot gegen das Urteil Revision eingelegt hat, musste daraufhin der Bundesgerichtshof hierüber entschieden. Dieser lehnte den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart jedoch ab – Bausparkassen dürfen den Sparern kündigen, wenn die Frist von zehn Jahren nach Zuteilungsreife verstrichen ist (BGH, Urteile v. 21.02.2017, Az.: XI ZR 185/16 u. XI ZR 271/16).

Mögliche Ausnahmen

Eine mögliche Ausnahme vom Kündigungsrecht nach zehn Jahren Zuteilungsreife sind Verträge, die einen Zins- oder Treuebonus vorsehen, wenn man auf die Auszahlung des Darlehens verzichtet. Je nach Gestaltung des Vertrages ließe sich hier nämlich argumentieren, dass der Zweck des Vertrags erst mit dem Erhalt des Bonus erfüllt ist.

Bei Verträgen, die lediglich eine Bonusoption haben, während der Anspruch auf das Darlehen im Vordergrund steht, ist das jedoch nicht notwendigerweise der Fall. Anders kann es bei Verträgen aussehen, die in erster Linie als Geldanlage dienen. Sind die Bedingungen erfüllt, beginnt die Zehnjahresfrist, nach der eine Kündigung möglich ist, nicht mit dem Erreichen der Zuteilungsreife, sondern sobald man den Bonus erhalten kann.

So erhalten Sie die versprochenen Extra-Leistungen

Beachten Sie, dass der Verzicht auf einen Darlehensanspruch teilweise aktiv erklärt werden muss. Schauen Sie am besten frühzeitig – also bevor die Bausparkasse ein Kündigungsrecht erhält – in den Vertragsbedingungen nach, welche Voraussetzungen Sie für den Erhalt eines Bonus oder einer Treueprämie erfüllen müssen.

Icon Uhr und Zeit

Ruhende Verträge als Kündigungsgrund

Bausparer können die Beitragszahlungen für ihre Verträge ruhen lassen. Man muss nicht kontinuierlich in den Vertrag einzahlen. Wenn allerdings die Kasse den Sparer auffordert, die Regelsparrate wieder aufzunehmen, sollte man dem in der Regel nachkommen. Denn in den meisten Verträgen ist festgelegt, dass wenn man dieser Aufforderung nicht nachkommt, die Kasse das Recht hat, den Vertrag zu kündigen. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen man sich gegen eine solche Kündigung wehren kann, beispielsweise wenn die Bausparkasse Ratenpausen in der Vergangenheit geduldet hat.


Verjähren Nachzahlungsforderungen?

Die Forderung der Nachzahlung von Regelsparraten verjährt nach drei Jahren, allerdings behält die Versicherung unter Umständen trotzdem ein Kündigungsrecht, wenn die Nachzahlung ausbleibt. Wenn eine abweichende Rate vereinbart wurde oder aber das Verhalten der Bausparkasse in den letzten Jahren den Schluss zuließ, dass sie mit den niedrigeren oder pausierten Zahlungen einverstanden war, hat die Bausparkasse unter Umständen kein Nachzahlungs- und kein Kündigungsrecht. Trotzdem können Bausparkassen nach Ansicht der Verbraucherzentrale für die Zukunft die Regelsparrate verlangen, auch wenn diese zuvor nicht gezahlt wurde.

Zuteilung des Bausparvertrags: Möglichkeiten der Inanspruchnahme

Icon Graph

Was bedeutet Zuteilungsreife?

Ein Bausparvertrag hat die sogenannte Zuteilungsreife erreicht, wenn dies zutrifft:

  • Das Mindestsparguthaben ist erreicht
  • Der Bausparer hat eine im Vertrag festgelegte Mindestbewertungszahl erreicht

Zuteilungsreife erreicht: Was nun?

Wenn die Zuteilungsreife erreicht ist, muss sich der Kunde dafür entscheiden, wie er mit seinem Vertrag weiter verfahren möchte. Hierbei hat er unterschiedliche Möglichkeiten:

1. Auszahlung des Vertrags

Wenn der Vertrag auszahlungsreif ist, kann sich der Kunde das angesparte Guthaben und das Bauspardarlehen auszahlen lassen.

2. Darlehen nicht in Anspruch nehmen

Nicht alle Bausparer nutzen den Vertrag auch wirklich für die Finanzierung eines Bauprojektes. Einige Kunden nutzen den Vertrag lediglich als Geldanlage und lassen sich bei Zuteilungsreife das angesparte Kapital plus Zinsen auszahlen.

3. Spätere Auszahlung des Darlehens

Guthaben und Darlehen müssen nicht zeitgleich ausgezahlt werden. Man kann sich auch erst das angesparte Guthaben auszahlen lassen und später das Darlehen. Dies ist besonders bei Bauprojekten sinnvoll, bei denen Zahlungen in mehreren Etappen anfallen.

Fazit

Wenn eine Bausparkasse Ihren Vertrag kündigt, sollten Sie überprüfen, ob dies auch tatsächlich gerechtfertigt ist. Bausparkassen haben jedoch in vielen Fällen ein gesetzliches Kündigungsrecht, wenn seit dem Erreichen der Zuteilungsreife zehn Jahre vergangen sind. Beratung zu diesem Thema finden Sie bei spezialisierten Anwälten und Verbraucherzentralen.

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