Teil 2: Unter­versicherung im Schadensfall ein „typischer Fall“

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Haftungsrisiken für Berater

Einige Versicherungs­unternehmen haben in den vergangenen Wochen den Rentenfaktor gesenkt. Fachanwalt Dr. Knut Pilz erklärt im zweiten Teil des Interviews, wie Versicherungsvermittler der „Haftungsfalle“ entgehen können.

Teil 1 des Interviews: „Weiterhin schwierige Anlagesituation für Lebens­versicherer“

Versicherungsberater sind womöglich verunsichert: Was müssen die Berater in diesem Zusammenhang beachten? Welche Hinweise muss es bereits im Beratungsgespräch mit dem Versicherungsnehmer geben, um nicht haftbar gemacht werden zu können?

Dr. Knut Pilz: Meines Erachtens ist es nicht besonders schwer, als Versicherungsvermittler in der vorliegenden Konstellation der „Haftungsfalle“ zu entgehen. Wichtig ist, dass der Versicherungsvermittler klarmacht, was die garantierten und was die nicht garantierten Leistungen sind und darauf hinweist, dass der Versicherer einen nicht garantierten Rentenfaktor herabsetzen kann. Außerdem sollte der Vermittler gegebenenfalls auf die Möglichkeit eines Vertragsschlusses mit einem garantierten Rentenfaktor hinweisen.

Hat der Berater überhaupt eine Chance, eine einwandfreie Beratung zu leisten? Also sowohl aus Sicht des Versicherungsnehmers als auch aus Sicht des Versicherungsgebers?

Dr. Pilz: Diese Frage höre ich in vielen Konstellationen von Versicherungsvermittlern. Im vorliegenden Fall ist eine ordnungsgemäße Beratung und Dokumentation mit einem überschaubaren Aufwand verbunden. Zudem stellt die Rechtsprechung keine unüberwindbaren Hürden an eine ordnungsgemäße Beratung. Leider wird das häufig, auch von meinen Kollegen, zur Verunsicherung der Vermittler etwas anders dargestellt.

Hatten Sie schon einen Fall, in dem Sie einen Berater verklagen oder bei einer Klage vertreten mussten? Wie war die Sachlage? Wie ging der Fall aus und wie hätte sich der Vermittler vor der Klage schützen können?

Dr. Pilz: Es gibt immer wieder Fallkonstellationen, in denen der Versicherungsvermittler in einem Prozess, sei es als Beklagter oder auf anderem Wege, involviert ist. Ein typischer Fall, hier habe ich aktuell mehrere Mandate, ist beispielsweise die Frage der Unter­versicherung bei einem Schadensfall. Dort kann ein Vermittler relativ schnell einem Schadensersatzanspruch ausgesetzt sein, wenn er das Zustandekommen der Versicherungssumme nicht ausreichend abgefragt und/oder dokumentiert hat. Hier könnte mitunter ein einziger Satz in der Beratungssituation Klarheit schaffen.

Kann man von dem Versicherungsberater erwarten, dass er die Möglichkeit einer Anpassung des Rentenfaktors überhaupt kennt? Oder ist dies zu speziell und gehört nicht zu seinen Aufgaben und Pflichten?

Dr. Pilz: Die Frage ist klar zu beantworten: Natürlich muss ein Versicherungsvermittler wissen, ob bei dem von ihm vermittelten Vertrag der Rentenfaktor angepasst werden kann und ob es hierfür beispielsweise eine Untergrenze gibt.

Kann es passieren, dass der Versicherungsberater zumindest für einen Teilbereich haftbar gemacht wird?

Dr. Pilz: Eine Schadensersatzpflicht des Vermittlers kommt unter anderem dann in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer sonst einen Vertrag mit einem wirklich garantierten Rentenfaktor abgeschlossen hätte.

Wie lange ist der Berater haftbar zu machen? Gibt es eine Verjährungsfrist für ältere Verträge?

Dr. Pilz: Im Grundsatz muss der Versicherungsvermittler mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen ihn innerhalb von zehn Jahren ab Entstehen des Anspruchs rechnen. Erst danach greift die objektive Verjährungsfrist.

Vielen Dank für das Beantworten unserer Fragen!

Dr. Knut Pilz

Kurzportrait: Dr. Knut Pilz

Dr. Knut Pilz ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungs­recht sowie Partner der Kanzlei Pilz Wesser & Partner Rechtsanwälte mbB in Berlin. Er war mehrere Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin an einem ­versicherungsrechtlichen Lehrstuhl und hat in diesem Bereich promoviert.

Aktuell lehrt er zudem am Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft, ist Dozent für den Bereich „Lebens­versicherungsrecht“ im Rahmen der Ausbildung zum Fachanwalt für Versicherungs­recht und Autor verschiedener Fachbeiträge zum Versicherungs­recht. Der Schwerpunkt seiner bundesweiten anwaltlichen Tätigkeit liegt im Bereich des Personen­versicherungsrechts, insbesondere des Lebens- und Kranken­versicherungsrechts.

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