Zahnersatz für Flüchtlinge: Was wirklich bezahlt wird

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Regelungen für Geflüchtete

Geflüchtete können Zahnersatz und Zahnsanierungen in vielen Fällen nur eingeschränkt in Anspruch nehmen: Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht nur Behandlungen bei akuten Erkrankungen oder Schmerzen vor. Für anerkannte Geflüchtete oder nach dem Ende einer Wartezeit greifen für Geflüchtete dieselben Regelungen wie auch bei anderen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen, was Kostenübernahme und Zuzahlungen betrifft.

Asylbewerberleistungsgesetz regelt Zahnersatz für Flüchtlinge

In welchen Fällen Asylbewerber medizinische Leistungen erhalten können, regelt das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) § 4. Zur Behandlung von geflüchteten Menschen steht dort:

Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheits­folgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. (…) Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.


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Bekommen Flüchtlinge Zahnersatz?

Die medizinische Behandlung von Asylbewerbern erfolgt also nur, wenn sie auch unbedingt notwendig ist. Als Asylbewerber können Sie also nur bei dringendem Bedarf mit Zahnersatz rechnen. Anders sieht es aus, wenn die Wartezeit endet oder sich der Aufenthaltsstatus so ändert, sodass man Zugang zur gesetzlichen Kranken­versicherung hat.


Der Zahnarzt muss über Behandlung entscheiden

Ob der Zahn des Asylbewerbers behandelt werden muss, hängt somit vom Ermessen des Zahnarztes ab. Nur eine Behandlung unaufschiebbar ist, kann der Arzt eingreifen, andernfalls werden die Behandlungskosten nicht vom Sozialamt übernommen. Dabei darf er nur die nötigsten Behandlungen vornehmen, wenn weitere Behandlungen nötig sind, sonst ist nicht sichergestellt, ob diese ebenfalls vom Sozialamt übernommen werden. Der Fokus liegt somit auf kurzfristigen Behandlungen, die unumgänglich sind.

Zahnärzte sind teilweise mit der Ungewissheit konfrontiert, ob die nach einer Zahnbehandlung notwendigen Folgebehandlungen ebenfalls übernommen werden. Die Bundeszahnärztekammer riet Ärzten dazu, geflüchtete Patienten trotz Unsicherheiten über die Kostenübernahme nach besten Wissen und Gewissen zu behandeln.

Ungleicher Zugang zu Behandlungen

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Im Jahr 2011 gab es Problemanzeigen vonseiten des thüringischen Flüchtlingsrates zur zahmedizinischen Behandlung von Flüchtlingen. Daten des Innenministeriums hatten nahegelegt, dass Flüchtlingen häufiger Zähne gezogen als behandelt werden. Bei Asylbewerbern wurde laut diesem Bericht jeder fünfte behandelte Zahn gezogen, während die normale Quote hingegen zwischen 0,5 und 5 Prozent liegt.

Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen deutschlandweit unterschiedlich

Laut der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) ist die zahnmedizinische Behandlung von Flüchtlingen dabei nicht in jedem Bundesland gleich. Auch die Gemeinden können unterschiedliche Regelungen mit den Krankenkassen getroffen haben.

Wenn sich der Asylbewerber länger als 18 Monate in Deutschland aufhält, hat er denselben medizinischen Anspruch wie andere Sozialhilfeempfänger und bekommt eine Gesundheitskarte. In letzter Zeit wurde aber von vielen Seiten gefordert, dass die Gesundheitskarte deutschlandweit für Asylbewerber eingeführt werden solle.

Mehr zur Kranken­versicherung für Geflüchtete

Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch

Anders als bei Behandlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sieht es aus, wenn geflüchtete Personen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II oder XII erhalten, denn in diesem Fall haben sie regelhaften Zugang zur gesetzlichen Kranken­versicherung und dem regulär von dieser übernommenen Zahnersatz.

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Bekommen Ukrainer Zahnersatz?

Beim Zugang von ukrainischen Geflüchteten zum Zahnersatz kommt es auf ihren Aufenthalts- und Versicherungsstatus an. Ukrainische Geflüchtete können Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch erhalten, wenn sie registriert sind. Sind sie nicht hilfebedürftig, haben sie ein Beitrittsrecht zur gesetzlichen Kranken­versicherung. Diese leistet dann die üblichen Zahlungen zum Zahnersatz.

Zahnersatz geht ins Geld

Eine Zahnsanierung stellt tatsächlich für viele Menschen in Deutschland eine hohe finanzielle Belastung dar. Denn die gesetzliche Kranken­versicherung zahlt nur einen festen Zuschuss, den Rest der Kosten muss der Patient selbst übernehmen. Die Krankenkasse zahlt dabei nur so viel, wie die günstigste Lösung kostet. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten für Patienten, ihre Kosten zu reduzieren.

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Sparen mit dem Bonusheft

Um die Kosten für den Versicherten zu mindern, gibt es das Bonusheft für den Zahnarzt, in dem eingetragen wird, ob der Patient in den letzten Jahren regelmäßig beim Zahnarzt war. Wenn das Heft fünf Jahre lang regelmäßig und ohne Auslassung abgestempelt wurde, erteilt die Krankenkasse einen Zuschuss von 60 Prozent der anstehenden Kosten. Wer kein Bonusheft führen möchte, oder sich zusätzlich absichern will, kann eine Zahnzusatz­versicherung abschließen, die dann die Zahlung der anfallenden Kosten übernimmt.


Härtefälle beim Zahnersatz

Die Härtefallregelung des Sozialgesetzbuches sieht vor, dass Personen mit nachweisbar niedrigem Einkommen Basis-Zahnersatz zu 100 Prozent bezahlt bekommen. Diese Härtefallregelung bezieht sich auf:

  • Personen, die ein monatliches Bruttoeinkommen von weniger als 1.358 Euro monatlich (Stand: 2023) haben (Unterhaltszahlungen werden vom Einkommen abgezogen)
  • Personen, die Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt, Bürgergeld, Grundsicherung, oder Ausbildungsförderung sind
  • Wenn das Sozialamt oder die Kriegsopferfürsorge die Kosten für einen Heimaufenthalt übernimmt

Überschreitet das Einkommen die Einkommensgrenze für die Härtefallregelung nur leicht, übernimmt die Kranken­versicherung die Kosten nicht vollständig. Stattdessen wird die Höhe des Zuschusses individuell berechnet.


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Zahnersatz für Geflüchtete als Thema in sozialen Medien

In der Vergangenheit kursierten Gerüchte darüber, dass der Zahnersatz von geflüchteten Menschen den deutschen Staat Milliarden kosten könnte. In den sozialen Medien wurde daraufhin lautstark skandiert, dass sich Flüchtlinge, ohne Zuzahlungen leisten zu müssen, in großem Stil Zahnsanierungen in Deutschland in Anspruch nehmen würden. Die tatsächliche Gesetzeslage zum Zahnersatz für Flüchtlinge gibt jedoch keinen Anlass zu Neid.

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