Versicherungsbetrug: So gehen Versicherer bei manipulierter Schadensmeldung vor

Das Wichtigste in Kürze

  • Versicherungsbetrug ist eine Straftat, die je nach Schwere mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft wird.
  • Die Versicherer schätzen den jährlichen Schaden durch Versicherungsbetrug auf bis zu fünf Milliarden Euro.
  • In vielen Fällen durchschauen die Versicherer jedoch die Betrugsversuche ihrer Kunden.

Das erwartet Sie hier

Wie Versicherer einem Versicherungsbetrug auf die Schliche kommen und mit welchen Konsequenzen Versicherungsbetrüger rechnen müssen.

Inhalt dieser Seite
  1. Was ist Versicherungsbetrug?
  2. Prüfung und Aufklärung
  3. Fazit

Was ist Versicherungsbetrug?

Icon Richterhammer und Gesetz

Gesetz und Strafen

Versicherungsbetrug ist kein spezieller Straftatbestand, sondern eine Form des Betrugs und somit eine Straftat nach § 263 Strafgesetzbuch (StGB). Er liegt dann vor, wenn ein Versicherungsnehmer versucht, durch Täuschung oder unwahre Behauptungen zu Unrecht Leistungen von seiner Versicherung zu erhalten. Die Strafen für Versicherungsbetrug hängen von der Schwere der Tat ab und reichen von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahre. In besonders schweren Fällen können auch Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahre verhängt werden. In jedem Fall müssen Versicherungsbetrüger jedoch davon ausgehen, dass die Versicherung den entsprechenden Versicherungsschutz kündigt.


2,4 Millionen Betrugsfälle jährlich

Laut der Versicherungsbranche ist jeder zehnte gemeldete Schadensfall verdächtig. Auch wenn sich die genaue Zahl der Betrüger und Schäden nur schwer ermitteln lässt, werden unter den 24 Millionen jährlich gemeldeter Versicherungsfälle ungefähr 2,4 Millionen Fälle von Versicherungsbetrug vermutet. Den dadurch entstehenden Schaden schätzen die Versicherer auf bis zu fünf Milliarden Euro jährlich. In den meisten Fällen wird dabei ein falscher Hergang des Schadens angegeben oder die Höhe des entstandenen Schadens wird übertrieben.

Icon Geldsack

Kleine Betrügereien summieren sich

Große oder bandenmäßige Betrugsfälle ziehen mehr Aufmerksamkeit auf sich und landen eher in den Medien. Doch ein Großteil des Versicherungsbetruges wird von normalen Versicherungskunden begangen, die ihre Versicherung ein- oder zweimal um geringe Beträge betrügen. In der Regel werden nur selten Schäden von mehr als 250 Euro gemeldet. Diese Schäden summieren sich jedoch und am Ende fehlt den Versicherungen das Geld, um wirklich schwerwiegende Schadensfälle zu begleichen. Was die Versicherer dazu zwingt, alle Versicherungskunden mit höheren Versicherungsbeiträgen zu belasten.

Icon Achtung

Häufige Arten von Versicherungsbetrug

In den meisten Fällen handelt es sich bei Versicherungsbetrug um eine der vier folgenden Arten:

  • Vorsätzlicher Schaden: Der Versicherungsnehmer führt absichtlich einen Schaden herbei, um diesen von der Versicherung regulieren zu lassen.
  • Fingierter Schaden: Der Versicherungsnehmer meldet einen Schaden, den es gar nicht gab.
  • Falsche Darstellung: Der Versicherungsnehmer gibt einen falschen Hergang des Schadens an.
  • Übertreibung des Schadens: Der Versicherungsnehmer meldet einen höheren Schaden als tatsächlich eingetreten, um eine höhere Auszahlung zu erhalten.

Beispiele für Versicherungsbetrug

Im Folgenden haben wir Ihnen einige Beispiele zusammengetragen, bei denen es sich um Versicherungsbetrug in bestimmten Versicherungssparten handelt.

Haftpflicht­versicherung

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Jemand lässt seinen neuen Laptop fallen, der dadurch kaputtgeht. Er bittet einen Freund darum, den Schaden bei dessen Haftpflicht­versicherung zu melden, um den Schaden erstattet zu bekommen.

Hausrat­versicherung

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Jemandem wird sein Fahrrad aus dem Keller gestohlen, das über die Hausrat­versicherung mitversichert war. Er reicht bei der Versicherung eine gefälschte Rechnung ein, bei der er den Kaufpreis des Fahrrads von 500 Euro auf 1.500 Euro geändert hat.

Kfz-Versicherung

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An einer schlecht einsehbaren Kreuzung fährt ein Pkw-Fahrer genau so in die Kreuzung ein, dass ein weiterer Fahrer, der die Vorfahrt zu beachten hat, nicht mehr rechtzeitig bremsen kann. Ein Komplize des ersten Fahrers gibt sich als unbeteiligter Zeuge aus.

Wohngebäude­versicherung

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Nach einem Leitungswasserschaden meldet ein Hausbesitzer zusätzlich Schäden an seine Wohngebäude­versicherung, die mit dem aktuellen Schadensfall nichts zu tun haben.

Unfall­versicherung

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Jemand schließt eine hohe Unfall­versicherung ab. Kurze Zeit später verletzt er sich mit Absicht selbst.

So wird Versicherungsbetrug geprüft und aufgeklärt

Icon Sprechblase mit X

Verdachtsfall und Prüfung der Unterlagen

Entdeckt ein Sachbearbeiter bei der Bearbeitung eines Schadenfalls Ungereimtheiten, hält die Versicherung die Zahlung erst einmal zurück. Zudem werden vom Versicherungsnehmer weitere Unterlagen angefordert. Um den Verdacht zu entkräften oder zu erhärten, wird als Nächstes das Folgende geprüft:

Das wird im Verdachtsfall geprüft

  • Wurde der Versicherungsvertrag erst in den vergangenen sechs Monaten abgeschlossen?
  • Gab es in der letzten Zeit Vertragsänderungen?
  • Wie war das Zahlungsverhalten des Versicherungsnehmers?
  • Wurden vor der Schadenmeldung Fragen zum Versicherungsschutz gestellt?
  • Ist die Schadensmeldung schnell und vollständig nach dem Schadenszeitpunkt eingereicht worden?
  • Wurde der Schadenhergang vollständig und nachvollziehbar beschrieben?
  • Sind die Schadenunterlagen, Belege und Rechnungen vollständig und unauffällig?
  • Existiert die beschädigte Sache noch oder hat der Versicherungsnehmer diese vernichtet oder beseitigt?
  • Gibt es Zeugen und in welcher Beziehung stehen sie zum Versicherungsnehmer (Verwandte, Freunde oder ähnliches)?
  • Hat der Versicherungsnehmer in den vergangenen zwölf Monaten bereits andere Schäden gemeldet?

Icon Lupe

Erhärtung des Verdachts

Erhärtet sich der Verdacht eines Versicherungsbetruges, wird den Hinweisen weiter auf den Grund gegangen. Hierbei stehen die folgenden Aspekte im Fokus:

  • Wurden Verwandtschaften oder Bekanntschaften von am Schadenfall beteiligter Personen verschwiegen?
  • Wurden in der Vergangenheit wegen Schäden häufig die Versicherung gewechselt?
  • Existieren Vorstrafen beim Versicherungsnehmer?

Einschalten eines unabhängigen Gutachters

Zusätzlich kann die Versicherung auch ein unabhängiger Schadengutachter beauftragen. Dieser analysiert den beschädigten Gegenstand, prüft die Schadenhöhe und führt Echtheitsprüfungen von Zertifikaten und Rechnungen durch. Im Zuge der Echtheitsprüfung untersucht der Sachverständige die Dokumente auf eventuelle Auffälligkeiten:

  • Sind die Pflichtangaben korrekt?
  • Existiert der Hersteller des beschädigten Gegenstandes?
  • Liegt eine Originalrechnung vor?

Ob es sich bei der vorliegenden Rechnung um das Original oder eine Fälschung handelt, lässt sich mit speziellen Farb- und Infrarot-Video-Bildsystemen ermitteln. Durch den Einsatz des Infrarotlichts erkennt man problemlos Fälschungen beziehungsweise Veränderungen an Dokumenten.

Icon Waage

Strafanzeige stellen

Erhärtet sich der Verdacht so weit, dass die Versicherung von einem Versicherungsbetrug überzeugt ist, kann sie eine Strafanzeige stellen. Daraufhin führt dann die Staatsanwaltschaft eigene Ermittlungen durch.

HIS zur Prävention von Betrugsfällen

Um Versicherungsbetrüger auf frischer Tat zu ertappen, haben die im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) organisierten Versicherungs­unternehmen am 1. April 2011 eine Datenbank eingeführt, die sämtliche gemeldete Schäden erfasst: das sogenannte Hinweis- und Informationssystem (HIS). Dieses soll die Versicherungsbranche bei der Aufdeckung und Vermeidung von Versicherungsbetrug und Missbrauch sowie bei Risikoprüfungen unterstützen. Auf diese Weise werden auch die Interessen der ehrlichen Versicherungskunden geschützt.

Icon Server

Fazit

Von dem Versuch, einen Versicherungsbetrug zu begehen, ist grundsätzlich abzuraten. Schließlich haben die Versicherungen mit ihrem Verfahren zur Schadenaufklärung ein zielsicheres Instrument, welches die Lügen von Betrügern entlarvt. Wird der Versicherungsbetrug von der Versicherung zur Anzeige gebracht, kann es je nach Schwere des Falls zu Geld- oder sogar Freiheitsstrafen kommen.

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