Arbeitsunfälle in Deutschland: So ist die aktuelle Lage

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zahl der Arbeitsunfälle erreichte 2021 ihren Höchststand.
  • Generell liegt ein Arbeitsunfall vor, wenn im Rahmen einer versicherten Tätigkeit ein Gesundheitsschaden oder der Tod eintritt.
  • Ein Arbeitsunfall muss fristgerecht und bei bestimmten Stellen gemeldet werden. Meldepflichtig sind Unfälle mit Todes- und Arbeitsunfähigkeitsfolge.
  • Wird ein Arbeitsunfall anerkannt, erhält der Geschädigte Leistungen der gesetzlichen Unfall­versicherung.
  • Eine Berufs­unfähigkeits­versicherung sichert Unfälle mit Arbeitsunfähigkeitsfolge optimal ab.

Das erwartet Sie hier

Was ein Arbeitsunfall ist, was Sie im Falle eines Arbeitsunfalls tun müssen und wie Sie diesen am besten versichern.

Inhalt dieser Seite
  1. Was ist ein Arbeitsunfall?
  2. Was tun bei einem Arbeitsunfall?
  3. Wer leistet bei einem Arbeitsunfall?
  4. Arbeitsunfälle nehmen zu
  5. Fazit

Was ist ein Arbeitsunfall?

Icon Rollstuhl

Arbeitsunfall aus Versicherungssicht

Aus ­versicherungsrechtlicher Sicht ist mit dem Begriff „Arbeitsunfall“ nicht nur der Unfall gemeint, der sich am Arbeitsplatz ereignet. Im Grunde kann sich ein Arbeitsunfall in jedem Lebensbereich zutragen – Voraussetzung ist allerdings, dass genau diese Tätigkeit auch versichert ist. Ebenfalls gilt der Weg zum oder vom Ort der versicherten Tätigkeit als Arbeitsunfall. Typische Beispiele für Arbeitsunfälle sind:

  • Unfall während des Schulbesuchs
  • Unfall bei Ausübung eines Ehrenamtes
  • Unfall während einer Hilfeleistung nach einem Autounfall
  • Unfall während der Pflege eines Angehörigen

Für den Fall eines Unfalls außerhalb dieser Aktivitäten kann man sich mit einer privaten Unfall­versicherung absichern.

Was Versicherer nicht als Arbeitsunfall sehen

Versicherungs­rechtlich liegt kein Arbeitsunfall vor, wenn sich die Verletzung oder der Gesundheitsschaden nur zufällig während der versicherten Tätigkeit ereignet hat und zudem nicht von außen provoziert wurde. Dies ist zum Beispiel bei Mitarbeitern der Fall, die am Arbeitsplatz einen Herzinfarkt erleiden oder auf einmal einen Bandscheibenvorfall – in Folge eines längeren Rückenleidens – bekommen.

Icon Feuerlöscher

Arbeitsunfall aus betrieblicher Sicht

Aus betrieblicher Sicht liegt dann ein Arbeitsunfall vor, wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Arbeitstätigkeit – am Arbeitsplatz oder auf dem Betriebsgelände – einen Unfall erleidet. Arbeitsunfälle ereignen sich meist während der Arbeitszeit und werden zudem von außen hervorgerufen. Typische Ursachen betrieblicher Arbeitsunfälle sind:

  • Rutschen, Stolpern, Stürzen
  • Falsches Heben und Tragen
  • Falsches Bedienen von Maschinen
  • Missachten von Sicherheitsvorschriften

Die Vermeidung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ist eine Komponente des betrieblichen Gesundheits­managements.

Kein Arbeitsunfall bei Umwegen

Generell werden jedoch nicht alle Arbeitsunfälle, die sich im Betrieb ereignen, auch tatsächlich als Unfall anerkannt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Angestellter auf dem Weg zur Arbeit einen Zwischenstopp im Supermarkt einlegt. Auch werden Tätigkeiten, die sich während der arbeitsfreien Zeit ereignen in der Regel nicht als Arbeitsunfall gewertet. Unfälle, die sich bei berufsfremden Weiterbildungen zutragen, gelten zudem nicht als betrieblicher Arbeitsunfall.

Icon Hochhaus

Arbeitsunfall im Homeoffice

Auch Unfälle die im Homeoffice passieren, können als Arbeitsunfall anerkannt werden. Damit die gesetzliche Unfall­versicherung den Schaden jedoch übernimmt, muss der Unfall im Rahmen der beruflichen Tätigkeit passiert sein. Der Weg zur Toilette oder Küche ist zum Beispiel versichert, das Essen oder die Toilettennutzung an sich werden dagegen nicht als Aktivitäten im Rahmen der beruflichen Aktivität anerkannt und sind somit nicht abgedeckt. Anspruch auf Versicherungsleistungen hat der Angestellte beispielsweise dann, wenn der Unfall aufgrund von Büroequipment entstanden ist, zum Beispiel beim Einstecken des Computerkabels.

Mehr erfahren zum Arbeiten im Homeoffice

Icon Coronavirus

Covid-19 als Arbeitsunfall

Wie bereits eingangs erwähnt, kann eine Covid-19 Erkrankung einen Arbeitsunfall darstellen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Infektion im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht. Zudem muss der Betroffene nachweisen können, dass er Kontakt zu einer infizierten Person hatte. Auch sein Befinden und die Länge des Kontaktes ist für den Versicherer ausschlaggebend. Somit ergeben sich folgende Richtlinien:

  • Bei Auftreten von Symptomen
    Der Kontakt muss zwischen zwei Tagen vor dem Auftreten der ersten Symptome bei der Indexperson und zehn Tagen nach Symptombeginn erfolgt sein.
  • Bei Symptomfreiheit
    Der Kontakt muss zwischen zwei Tagen vor der Probennahme für den positiven Labornachweis der Indexperson und zehn Tagen danach stattgefunden haben.

Arbeitsunfall – Ja oder Nein?

Ob ein Unfall als Arbeitsunfall gilt oder nicht, entscheidet die gesetzliche Unfall­versicherung. Grundsätzlich erfolgt eine Anerkennung als Arbeitsunfall nur, wenn folgende Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

  1. Der Verletzte ist gesetzlich unfallversichert
  2. Der Unfall ist ein Ereignis von außen
  3. Die Unfalltätigkeit ist die versicherte Tätigkeit
  4. Der Betroffene verletzt sich oder stirbt

Icon Richterhammer und Gesetz

Gut zu wissen

Lehnt der Unfall­versicherungsträger den Arbeitsunfall ab, hat der Betroffene die Möglichkeit, beim Sozialgericht Klage gegen diese Entscheidung zu erheben. Dies ist jedoch nur möglich, wenn Sie zuvor Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid eingelegt haben. Die Widerspruchsfrist beträgt in der Regel einen Monat.

Günstig klagen mittels Rechtsschutz­versicherung

Was tun bei einem Arbeitsunfall?

Icon Krankenwagen

Erste Hilfe leisten

Hat sich ein Arbeitsunfall im Unternehmen ereignet, ist es zunächst das wichtigste, die Rettungskette in Gang zu setzen. Zügiges Handeln ist nun extrem wichtig, um beim Verletzten weitere gesundheitliche Schäden zu vermeiden. Eine korrekte Rettungskette beinhaltet folgende Schritte:

  • Sofort­maßnahmen
  • Weitere Erste Hilfe
  • Rettungsdienst
  • Krankenhaus

Ist der Arbeitsunfall tödlich verlaufen, muss zusätzlich die Polizei benachrichtigt werden.

Arbeitsunfälle fristgerecht melden

Ereignet sich ein Arbeitsunfall im Unternehmen, sollte dieser so schnell wie möglich gemeldet werden. Eine Unfallmeldung ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern ist auch Voraussetzung dafür, dass der Geschädigte Leistungen aus der gesetzlichen Unfall­versicherung erhält. Je nach Schwere des Unfalls ergeben sich jedoch unterschiedliche Meldefristen und Meldestellen. Hat ein Unfall eine mehrtägige Arbeitsunfähigkeit oder sogar den Tod zur Folge, muss dieser sofort gemeldet werden. Handelt es sich lediglich um einen leichten Unfall, kann die Meldung in der Regel auch später erfolgen – dies ist mittlerweile sogar elektronisch möglich. Neben der Meldung des Arbeitsunfalls bei der Berufsgenossenschaft, sollten noch weitere Stellen informiert werden:

  • Landesbehörde für Arbeitsschutz
  • Betriebsrat
  • Betriebsarzt
  • Fachkraft für Arbeitssicherheit

Icon Arzt

Nach dem Arbeitsunfall zum Arzt?

Der Gang zum Arzt ist in der Regel bei jedem Arbeitsunfall ver­pflichtend. Welcher Arzt genau aufgesucht werden muss, hängt jedoch von der Schwere des Unfalls ab. Bei kleineren Unfällen ohne bleibende Schäden genügt normalerweise der Gang zum Hausarzt. Läuft der Arbeitsunfall jedoch auf eine Arbeitsunfähigkeit hinaus, muss ein Durchgangsarzt aufgesucht werden. Die Vorsprache beim Durchgangsarzt ist auch erforderlich, wenn:

  • Der Arbeitnehmer Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Krankengymnsatik benötigt
  • Die Behandlung mehrere Tage dauert
  • Der Arbeitnehmer nach der Genesung wiedererkrankt

Arbeitsunfall schriftlich machen

Arbeitsunfälle – egal ob mit oder ohne Gesundheitsschäden – sollten aus Versicherungsgründen stets schriftlich dokumentiert werden. Eintragungen wie Art der Erste-Hilfe-Maßnahmen und Verletzungen erfolgen in ein sogenanntes Verbandbuch. Dieses wird vom Arbeitgeber geführt und sollte laut Berufs­genossenschaften für mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden. Folgende Punkte sollten ebenfalls dokumentiert werden:

  • Name des Verletzten
  • Zeitpunkt des Unfalls
  • Ort des Unfalls
  • Unfallhergang
  • Namen von Ersthelfern
  • Zeugenliste
Icon Checkliste

Unfallschwerpunkte analysieren

Um Arbeitsunfälle im Unternehmen künftig zu vermeiden, empfiehlt es sich, zunächst die Ursachen des Arbeitsunfalls aufzudecken. Eine ganzheitliche Unfallanalyse – direkt nach Unfallhergang – kann hier hilfreich sein, zumal sich durch diese alle Unfallschwerpunkte und Gefahrenquellen leicht ermitteln lassen. Damit Arbeitsunfälle erst gar nicht passieren, sollten Arbeitgeber folgende Maßnahmen ergreifen:

Auswertung von Beinaheunfällen

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Die Analyse von Beinaheunfällen mittels Meldesystemen hilft dabei, mögliche Ursachen für Unfälle festzustellen. In einem zweiten Schritt kann der Betrieb entsprechende Maßnahmen zur Prävention ergreifen.

Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung

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Zweck der Gefährdungsbeurteilung ist es, die Gefährdungen am Arbeitsplatz der Mitarbeiter zu ermitteln und diese Gefahren in einem zweiten Schritt zu beseitigen. Führen Betriebe keine Gefährdungsbeurteilung durch, riskieren sie ihren Versicherungsschutz bei der Berufsgenossenschaft.

Welche Leistungen erhält man bei einem Arbeitsunfall?

Das leistet die DGUV

Wird der Arbeitsunfall als solcher anerkannt, hat der Geschädigte Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfall­versicherung. Finanzielle Leistungen der DGUV (Deutschen Gesetzlichen Unfall­versicherung) sind zum Beispiel:

  • Verletztengeld
  • Übergangsgeld
  • Pflegegeld
  • Rentenleistungen

Dann leistet die DGUV nicht

Ereignen sich Unfälle in der Freizeit, gibt es keine Unterstützung vom Staat. Auch kommt die DGUV grundsätzlich nicht für Sachschäden auf, die durch Erste-Hilfe-Leistungen oder den Unfall selbst entstehen. Die Kosten für zerrissene Kleidung oder eine beschädigte Brille, müssen demnach stets selbst getragen werden.


Icon Kein Bargeld

DGUV erkennt immer weniger Arbeitsunfallrenten an

Führt ein bestätigter Arbeitsunfall zum Verlust der Erwerbsunfähigkeit, ist die gesetzliche Unfall­versicherung zur Zahlung einer Arbeitsunfallrente verpflichtet. Dies geschieht jedoch immer seltener. Denn obwohl es im Jahr 2021 rund 12.000 neue Rentenfälle gab, wurden rund 10 Prozent weniger neue Arbeitsunfallrenten anerkannt als im Vorjahr.


Absicherung auf Dauer zu gering

Auch wenn die staatliche Absicherung bei Arbeits- und Wegeunfällen im Vergleich zu anderen Ursachen für eine Berufs­unfähigkeit relativ gut ist, reichen die Rentenleistungen auch hier nicht aus, um den Lebensstandard auf Dauer zu halten. Es sei denn, die Betroffenen können auf ein ausreichend großes Finanzpolster zurückgreifen. Auch ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls häufig mit sehr viel Wartezeit verbunden. Dennoch müssen Sie ein solches Anerkennungsverfahren durchlaufen, zumal Sie sonst keinen Anspruch auf Entschädigung durch die DGUV haben.


Icon Achtung

Berufs­unfähigkeits­versicherung – mehr als ein Lückenfüller

Die Rentenzahlung der DGUV orientiert sich an der Erwerbsfähigkeit des versicherten Arbeitnehmers. Das heißt, wenn der Betroffene einen anderen Beruf ausüben kann, verliert er seinen Anspruch auf Rentenzahlungen.

Arbeitnehmer, die eine Berufs­unfähigkeits­versicherung abgeschlossen haben, müssen sich darum keine Sorgen machen, denn die Berufs­unfähigkeits­versicherung sichert den zuletzt ausgeübten Beruf ab. Das heißt, wenn eine mindestens 50-prozentige Berufs­unfähigkeit über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten besteht, erhält der Versicherte die vertraglich vereinbarte Berufs­unfähigkeitsrente.

Bonus der Berufs­unfähigkeits­versicherung

Der Hauptgrund, warum eine Berufs­unfähigkeits­versicherung jedoch sinnvoll und wichtig ist, ist die Tatsache, dass sie auch dann leistet, wenn die Berufs­unfähigkeit aufgrund von körperlichen oder psychischen Krankheiten eintritt. Außerdem gilt der Schutz 24 Stunden, sieben Tage die Woche, unabhängig davon, ob der Versicherte privat oder beruflich unterwegs ist.

Berufs­unfähigkeits­versicherung bei psychischen Erkrankungen?

Die Zahl der Arbeitsunfälle steigt

Nach einem Rückgang der Arbeitsunfälle in 2020, verzeichnete die Deutsche Gesetzliche Unfall­versicherung (DGUV) im Jahr 2021 einen Anstieg von Unfällen durch die Arbeit. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen mussten viele Menschen durch die Aufhebung der Homeoffice-Pflicht in den Betrieb zurückkehren, wodurch sich wieder mehr Unfälle in der Arbeit als auch auf den Wegen dorthin ergaben. Zum anderen war der Anstieg eine Folge von vermehrt aufgetretenen und als Arbeitsunfall anerkannten Covid-19-Erkrankungen. Folgende Arbeitsunfälle ereigneten sich im Jahr 2021:

  • Arbeitsunfälle
    804.774 Unfälle (Anstieg zum Vorjahr um 5,8 Prozent)
  • Wegeunfälle
    170.193 Unfälle (Anstieg zum Vorjahr um 11,4 Prozent)
  • Tödliche Arbeitsunfälle
    512 Fälle (Anstieg zum Vorjahr um 113 Prozent)

Leistet die Berufs­unfähigkeits­versicherung bei Corona?

Fazit

Der Anstieg der Arbeitsunfälle im letzten Jahr gibt Anlass zur Sorge. Neben Wegeunfällen ereignete sich eine Vielzahl von Arbeitsunfällen mit teils tödlichem Verlauf – und dies trotz vorgeschriebenen Arbeitsschutz­maßnahmen. Gleichzeitig sank jedoch die Anzahl an Entschädigungen in Form einer Rente durch die gesetzliche Unfall­versicherung. Auch ist festzuhalten, dass Arbeitsunfälle immer seltener durch die gesetzliche Unfall­versicherung anerkannt werden, mit der Folge, dass der Geschädigte alle Verletzungsfolgen aus der eigenen Tasche bezahlen muss.


Besser abgesichert mit privater Berufs­unfähigkeits­versicherung

Wenn Sie im Falle eines Unfalls richtig gut abgesichert sein wollen, sollten Sie über den Abschluss einer Berufs­unfähigkeits­versicherung nachdenken. Diese springt ein, wenn Sie durch einen Unfall Ihren Beruf zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausüben können. Dabei ist egal, ob sich der Unfall im Job oder im Privatleben ereignete. Und auch, wenn nicht alle Unfälle damit enden, dass der Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann, lohnt sich eine Absicherung der Arbeitskraft in jedem Fall.

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